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Archiv-Artikel

Das Prinzip Regionalkrimi

SCHREIBSCHULE Regionalkrimis finden immer mehr Leser, aber noch ist die Zahl der Autoren überschaubar. Eine Gebrauchsanweisung für alle, die es auch mal versuchen möchten

Gerade weil die Kulisse friedlich ist, darf das Verbrechen ruhig international daherkommen

VON ILKA KREUTZTRÄGER

1. Die Ermittler

Entscheiden Sie sich für einen Kommissar, braucht er einen möglichst klingenden Namen wie Peter Petersen, Jens Jensen oder Klaas Klaasen. Ermittler in Regionalkrimis brauchen kein Alkoholproblem, müssen nicht in kleinen Wohnungen zwischen stapelweise Geschirr hausen und nur für die Arbeit leben. Sie dürfen gern eine nette Frau und vielleicht pubertierende Kinder haben, das erdet und verwurzelt sie in der Region. Ganz ohne das Einsamer-Wolf-Ding kommen sie aber nicht aus, aber da reicht ab und an ein Spaziergang auf dem Deich oder ein Bier mit einem Kumpel auf seinem alten Kahn.

Bei einer Kommissarin sieht es etwas anders aus. Da reicht meist der nordische Vorname, beispielsweise Inga, Levke oder Beke, da sie in der Regel verheiratet war, sich aber nach der Trennung von ihrem Mann wieder in die alte Heimat hat versetzen lassen. Kommissarinnen sind hübsch, selbstständig, emanzipiert, sportlich, leisten sich hier und da eine kleine Affäre und dürfen auch unproblematische Kinder haben. Kommissar und Kommissarin sind aber beide etwas widerborstig, legen sich gern mit ihren Vorgesetzten an und ermitteln auch mal gegen geltende Regeln.

2. Die Orte

Bei der Fülle an Regionalkrimis sind auch in Norddeutschland schon viele Orte besetzt. Natürlich kann Ihr Krimi trotzdem in Göttingen, Lübeck oder Schwerin spielen, aber es gibt durchaus noch Ecken ohne Kommissare. Am besten eignen sich beschauliche, vielleicht verschlafene Orte, denn da kommt beinahe automatisch ein scharfer Gut-Böse-Kontrast zustande: Ein Mord im schleswig-holsteinischen Süderbrarup, Goldelund oder Gelting wirkt gleich viel faszinierender und brutaler als in Hamburg oder Hannover. Sie sollten sich in der Gegend aber auskennen und wohldosierte Ortsbeschreibungen einfließen lassen, denn so ein Regionalkrimi ist auch immer ein bisschen Reiseführer.

3. Das Opfer

Regionalkrimis sind in der Regel klassische Polizei- oder Detektivromane, die chronologisch erzählt werden und nach dem von Agatha Christie ausgereizten Whodunit-Prinzip funktionieren. Ein Mord, eine Ermittlung, Verwirrung ob der vielen Verdächtigen und am Ende ein Knallbumm-Effekt mit einer großen Überraschung oder einer Verfolgungsjagd – und alles aus der Perspektive des Ermittlers erzählt. Der Leser kann miträtseln und weiß ebenso wenig wie der Kommissar, wer es getan hat. Und denken Sie an den Kontrast, den Überraschungseffekt: Gerade weil die Kulisse so friedlich ist, darf das Verbrechen ruhig etwas internationaler daherkommen. Hier bringt nicht der Mann seine Frau aus schnöder Eifersucht um, sondern das Opfer hat für einen internationalen Lebensmittelkonzern, eine große Bank oder auch die Mafia gearbeitet, weiß zu viel und das wird ihm zum Verhängnis. Oder Sie entwickeln das Mordmotiv aus einem regionalen Konflikt, beispielsweise aus einem Streit über eine unerwünschte neue Start- und Landebahn, über ein geplantes Asylbewerberheim oder über einen Pharmakonzern, der sich neu ansiedeln will. So kann gleich noch etwas mehr über die Region und die Sorgen der Menschen erzählt werden.

4. Die Zeugen

Hier dürfen Sie ruhig ein klein wenig in die Klischeekiste greifen. Wortkarge Landwirte auf Treckern, großspurige Städter, die in sanierten Bauernkaten wohnen, gelangweilte Teenies, die es nach Berlin zieht, und ambitionierte Lokalpolitiker mit windigen Kontakten zur Presse und zu ansässigen Unternehmen, die in die Ermittlungen verwickelt werden: Alles das rundet den Regionalkrimi ab.