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Archiv-Artikel

Blitzbesuch Obamas bei seinen Truppen

USA Zum Todestag Osama bin Ladens reist der US-Präsident nach Afghanistan. Mit dem Wahlkampf hat das angeblich nichts zu tun

„Osama bin Laden ist tot – General Motors lebt“

SLOGAN-VORSCHLAG JOE BIDENS

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Am Jahrestag der Tötung von Osama bin Laden ist Barack Obama am Dienstagabend im Schutz der Dunkelheit auf der US-Luftwaffenbasis in Bagram in Afghanistan gelandet. Der US-Präsident blieb etwas weniger als eine Nacht in dem Kriegsgebiet. Nach seiner Ankunft flog er im Hubschrauber weiter nach Kabul, unterzeichnete mit seinem afghanischen Kollegen Hamid Karsai ein Abkommen über „strategische Partnerschaft“, gab eine Pressekonferenz, sprach auf dem Rückweg in Bagram mit US-Soldaten und hielt tief in der Nacht vor der Kulisse von gepanzerten US-Wüstenfahrzeugen eine knapp 11-minütige Ansprache an das US-amerikanische Volk. Die US-Nachrichtensender übertrugen sie live in ihrem Frühabendprogramm. Noch vor Morgengrauen verließ der oberste Befehlshaber der US-Truppen Afghanistan wieder.

Das in Kabul unterzeichnete bilaterale Abkommen zwischen den USA und Afghanistan ist nach Angaben aus dem Weißen Haus in 20-monatigen Verhandlungen entstanden. Es nennt Eckdaten und Termine für die verbleibenden zweieinhalb Jahre bis zum Abzug der US-Truppen und für die zehn Jahre danach. In seiner Ansprache aus Bagram zählte Obama die fünf Punkte des Abkommens auf: die Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte; die Ausbildung afghanischer Sicherheitsleute, die auch nach dem offiziellen Truppenabzug weitergehen soll; die Entwicklung einer anhaltenden Partnerschaft, die nationale Aussöhnung, an der sich auch Taliban, die der Gewalt abschwören, beteiligen könnten und die „Menschenrechte für Männer und Frauen“ beinhalte; sowie einen „globalen Konsens“ für Frieden und Stabilität in der Region. Das Abkommen enthält einen Passus, der Angriffe von afghanischem Territorium auf Nachbarländer ausdrücklich ausschließt. Allerdings erwähnt ein anderer Passus das „Recht auf Selbstverteidigung“.

Obama will nach dem Jahr 2014 weder Militärstützpunkte in Afghanistan behalten noch dort Städte kontrollieren. Aber er kündigte zugleich an, dass US-Soldaten dort weiterhin gegen al-Qaida kämpfen werden. Zahlen darüber, wie viele US-Soldaten auch nach 2014 in Afghanistan bleiben sollen und wie viel das künftige militärische Engagement der USA in Afghanistan kosten soll, nennt der US-Präsident nicht.

Sprecher des Weißen Hauses bestreiten, dass die Blitzreise am Jahrestag von bin Ladens Tod triumphalistisch und Teil des demokratischen Wahlkampfes sei. Die Terminwahl begründen sie damit, dass Obama das bilaterale Abkommen noch vor dem Nato-Gipfel in drei Wochen in Chicago unterzeichnen wollte.

Doch in den Tagen vor der Blitzreise war die Tötung von Abbottabat vom 1. Mai 2011 zu einem Wahlkampfthema in den USA geworden. Vizepräsident Joe Biden hatte sogar einen Wahlkampfslogan angeregt: „Osama bin Laden ist tot und General Motors lebt.“ Der wahrscheinliche republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney fühlte sich genötigt, zu versichern, dass auch er als Präsident die Tötung von bin Laden angeordnet hätte. Romney: „Jeder Amerikaner, der denken kann, hätte das getan. Selbst Jimmy Carter.“

Solange Obama in Afghanistan weilte, bewerteten sowohl demokratische als auch republikanische Politiker die Reise als „positiv.“ Seth Jones von der Rand Corporation meinte, es sei „klar, dass Obama rauswill“. Brian Katulis vom Center for American Progress wies darauf hin, dass Obama nicht von einer „erfolgreichen Mission“ gesprochen habe, sondern von einem „Übergang“. Und dass einige der „schwierigsten Aufgaben nicht militärisch, sondern politisch sind und jetzt erst beginnen“. Zugleich beklagten Antikriegsgruppen, dass Obama zwar an dem offiziellen Truppenabzug im Jahr 2014 festhalte, aber die US-Militärpräsenz in Afghanistan per Unterschrift unter das bilaterale Abkommen bis ins Jahr 2024 hinein verlängert habe. Kritik äußerte auch Kevin Martin von Peace Action: „2011 war das schlimmste Jahr für afghanische Zivilisten mit 3.021 Toten. Das ist das Niveau von Sicherheit, das wir nach fast elf Kriegsjahren erreicht haben.“