Kurzkritik: „Deer House“ AUF KAMPNAGEL
: Experten des Sonderbaren

Dieser Überschwang von Menschen, die umeinander rennen, als gäbe es kein Morgen

Von einer Geschichte über den Kosovokrieg, getanzt oder nicht, ist wenig Heiteres zu erwarten. Aber die Needcompany ist so etwas wie eine Expertengruppe für die Verbindung von scheinbar Unzusammengehörigem, und es ist außerordentlich spannend, ihnen dabei zuzusehen.

In Jan Lauwers „Deer House“ sucht eine Tänzerin des Ensembles die Spuren ihres im Kosovo getöteten Bruders, eines Kriegsfotografen. Soweit das Reale, das sich bald im surrealen Leben im „Deer House“ auflöst, wo der Fotograf die Familie einer von ihm getöteten Frau trifft. Eine sonderbare Familie in sonderbaren Gewändern, umgeben von labbrigen Hirschkörperteilen aus Plastik. Sonderbare Tote, die aufstehen, um über ihre Aufbewahrung mitzudebattieren.

Zwei Stunden mögen ein wenig lang sein und der Text schrappt gelegentlich allzu nah am Pathos entlang. Aber was für Darsteller! Was für eine unglaubliche Grace Ellen Barkey als behinderte Tochter mit der zärtlichen Grausamkeit einer Katze. Und dieses letztes Bild, als die ganze Kompanie gemeinsam tanzt. Dieser Überschwang von Menschen, die umeinander rennen, als gäbe es kein Morgen.

GRÄ

weitere Vorstellung: Sa, 20 Uhr, Kampnagel