: „Es verändert die Körperwahrnehmung“
PSYCHE Daily Soaps und Castingshows lassen Kinder hoffen, selber der neue „DSDS“-Star zu sein oder ein Magermodel auf Heidi Klums Laufsteg, warnt die Medienwissenschaftlerin
In einer Studie hat uns ein zwölfjähriges Mädchen erzählt: „ ‚GZSZ‘ zeigt einem, welche Probleme so im Leben auf einen zukommen und wie man damit umgeht.“ Daily Soaps sind für Kinder und Jugendliche wie ein Fenster in die Erwachsenenwelt, sie prägen ihr Weltbild. Dabei wissen schon Siebenjährige, dass das nicht die Realität ist. Aber sie gehen davon aus, dass die Probleme und ihre Lösungen real sind.
Anders ist es bei den Castingshows. Hier gehen Kinder laut einer aktuellen Studie sehr wohl davon aus, dass alles real sei. Das beflügelt ihre Fantasie, selber der neue „DSDS“-Star zu sein oder ein Model auf Heidi Klums Laufsteg. Sie übernehmen Werte der beiden Meister Bohlen und Klum. So meinen neun- bis elfjährige Jungen zum Beispiel, von Dieter Bohlen ließe sich besonders gut lernen, wie man mit Freunden umgeht. Und das ist eigentlich genau das, was man sich von Herrn Bohlen auf gar keinen Fall abschauen sollte. „DSDS“ und „Germany’s Next Topmodel“ stellen einen Meister beziehungsweise eine Meisterin in den Mittelpunkt mit dem Ziel, deren Urteil zu genügen.
Wichtiger als eine stereotype Weltkonstruktion ist aber noch das, was Kinder und Jugendliche mitnehmen, ohne es zu merken. Und das sind die Schönheitsideale und Bilder von Körperlichkeit. So zeigt sich bei regelmäßigen Zuschauerinnen eine Veränderung der Körperwahrnehmung. Ein normaler Teenager, der nicht durchtrainiert und gestylt ist, wird als weniger schön wahrgenommen. Ein überschlanker, professionell inszenierter und gestylter Körper wird hingegen bevorzugt. Die neue Studie weist alarmierende Zahlen auf: Obwohl 78 Prozent der Mädchen normalgewichtig sind, geben 52 Prozent der 16- bis 17-Jährigen an, sie seien mit dem eigenen Körper unzufrieden. 2006 waren das noch 31 Prozent. Ein enormer Sprung, der zwar nicht als direkte und ausschließliche Folge von „Germany’s Next Topmodel“ zu sehen ist, aber auch nicht unabhängig davon.
Bei Heidi Klum lernen Kinder und Jugendliche einen professionellen, an der Modebranche orientierten Blick, der nicht das Wohl, die Ganzheitlichkeit oder gar die Gesundheit in den Mittelpunkt stellt, sondern den Verkauf von unterernährten Körpern und Kleidung. Wichtig wäre aber die Wertschätzung und Pflege des eigenen Körpers, egal ob der den stereotyp Schönen von „GZSZ“ oder den mageren Körpern der Models ähnelt.
■ Maya Götz, 42, leitet das Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen in München