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Archiv-Artikel

Licht als neuer Farbstoff

Ein Gespräch mit Christoph Asendorf über Licht-Kunst und Schatten der Vergangenheit

taz: In der Gegenwartskunst wird sehr unbefangen und oft heiter mit Lichtinstallationen gearbeitet. Es scheint, als habe die politische Instrumentalisierung von Licht, wie sie unter den Nationalsozialisten stattgefunden hat, kaum Spuren hinterlassen.

Christoph Asendorf, Professor für Kunst und Kunsttheorie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder: Es war in der Tat ganz merkwürdig zu beobachten, wie Gert Hof Silvester 2000 in Berlin den Lichtdom von Albert Speer nachgestellt hat. Demjenigen, der das historische Material dazu kennt kamen eine Reihe von sehr unguten Assoziationen. Aber man hat inzwischen mit so vielen Formen von Lichtinszenierungen zu tun gehabt, die von totalitärer Bedenklichkeit frei sind, dass sich für die alltägliche Erfahrung vieles sehr relativiert hat.

Ist durch die allgegenwärtige Nutzung von Licht die künstlerische Nutzbarmachung eigentlich schon unmöglich geworden?

Das glaube ich nicht. Wir hatten in den letzten Jahren – und dazu zählen auch Arbeiten von Mischa Kuball wie die Megazeichen, die inszenierten Hochhaus-Lichtmuster in Düsseldorf – eine Reihe von Versuchen, Licht auf eine sehr subtile und genaue Weise zum Einsatz zu bringen. Ich lebe in Berlin und kann mich noch an die wunderbare Installation von Jenny Holzer in Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie erinnern. Diese Leuchtbahnen, die sich aus dem Inneren quasi ins Infinite fortsetzten, waren etwas, was sowohl diesen Bau wie auch den umgebenden Stadtraum auf völlig neue Weise zur Erscheinung brachten.

Konnten sich Künstler wie Jenny Holzer dabei auf Vorläufer oder Vorbilder für diese Arbeiten beziehen?

Sie schließen an die erste Gruppe von Künstlern an, die sich mit der Bedeutung des Lichtes in der modernen Zivilisation beschäftigt haben. Und da muss man immer wieder an László Moholy-Nagy erinnern, der in seinen Bauhaus-Büchern nicht nur die These vertreten hat – über die man übrigens diskutieren kann – dass Licht nun den Farbstoff als künstlerischen Werkstoff abgelöst habe. Und der vor allem die Frage aufgeworfen hat, wie man als Künstler mit dem Licht, wie es dem Großstadtbewohner ständig entgegentritt, umgehen könnte.

Und ist es den späteren Künstler-Generationen gelungen, diese Frage zu beantworten?

Leider ist es nicht so, dass Künstler diesen komplexen Ansatz, in die moderne Zivilisation hineinzugehen, allzu intensiv weiterverfolgt hätten. Es gab Ausnahmen wie Gyorgy Kepes und einige andere Leute. Aber wenn man heutige Lichtarbeiten ansieht, sind es vielfach sehr individuelle künstlerische Arbeiten, die im Grunde nicht darauf zielen, mit dem städtischen Raum als Ganzem zu kommunizieren. Hier kann man wieder eine Arbeit wie Megazeichen von Kuball zitieren, wo doch eine sehr große, weitreichende Wahrnehmbarkeit angestrebt war.

Interview: Friederike Gräff