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Archiv-Artikel

Überangebot und Limitiertheit

Mit Geld geht immer was – nur im Nationalteam nicht

Sagen wir mal so: Die Liga macht einen freundlich ausgeglichen Eindruck. Nürnberg punktet in Stuttgart, Schalke verliert zu Hause gegen Freiburg, Frankfurt spielt prinzipiell nur noch Remis. Sogar Bayern München kann den Meister schlagen. Nun, Bayern hat halt was in der Hinterhand. Wenn nichts mehr geht, geht immer noch was mit Geld. Aber seien wir ehrlich, das ist Bayern München. Ist ja auch okay, wenn man viel Geld hat, dann soll man es mitspielen lassen. Man muss ja unter lauter überschuldeten Hungerleidern zwischen Gelsenkirchen und Berlin nicht die Schickedanz geben und so tun, als hätte man die Sorgen der anderen. Nicht, wenn man Probleme wegkaufen kann.

Und das Duo Ribéry/Robben ist ja auch wirklich super, super. Solange es dieses Gespann geben wird. Es kann ja immer was dazwischenkommen, etwa: Malaisen, Muskelbündelrisse, Madrid. An dieser Stelle wollen wir Mario Gomez wünschen, dass er inmitten der megagalaktischen holländisch-französischen Flügelzange keine klaustrophobischen Minderwertigkeitskomplexe bekommt. Wie gemein: Da ist einer der teuerste Einkauf in der Geschichte des reichsten Bundesligaclubs und schon nur noch Staffage. Sogar, wenn er beim ersten Saisonsieg seiner Mannschaft selbst das 1:0 macht.

Leider, leider, leider ist Geld überhaupt keine Option, wenn es um die Nationalmannschaft geht. Das führt zu gewisser Freudlosigkeit. Einerseits durch Limitiertheit, andererseits durch Überangebot. Vielleicht ist es sogar noch blöder, wenn man eine Position x-fach gut besetzen könnte, als einen notorischen Notstand zu haben. Hat man nicht viel Auswahl, gibt’s es auch weniger Ärger, wenn’s nicht läuft. Aber beim derzeitigen Torwartüberhang – wie da vernünftig entscheiden? Enke, Wiese, Neuer, Adler. Könnte man alle bedenkenlos ins Tor stellen; hätten sie alle Schweinegrippe, wären noch Butt da, Rost, Hildebrand, Lehmann oder Weidenfeller. Nur machen zu viele Torhüterkandidaten für die Auswahlelf alle nervös. Und ständig sind welche menschlich enttäuscht. Keeper, Funktionäre, Fans, alle.

Bedauerlicherweise gibt es keine Torhüterabwrackprämie, für die man der Nationalmannschaft zum Beispiel einen tollen 10er kaufen könnte oder einen nagelneuen Innenverteidiger. Wenigstens weniger Ärger wäre gut. Vielleicht geht Joachim Löw mal bei Louis van Gaal hospitieren, der ist der Einzige, der das Torhüter-Wechsel-Spiel sogar mit wöchentlich wechselnden Argumenten spielen darf. Er hat es allerdings auch leichter als Löw: Nicht Rensing zu nehmen ist selten ein Fehler. Und zur Not nimmt van Gaal einfach Geld.

KATRIN WEBER-KLÜVER