Kein Park der Vorschriften

Der Senat darf Tempelhof nicht mehr als eine Angstnummer sehen

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Zuerst die gute Nachricht: Berlin und wir Bürger erhalten das einstige Tempelhofer Flugfeld als Landschaftspark im Mai 2010 zurück. Nach den Zeiten militärischer Nutzung durch die Nazis und die Alliierten sowie ziviler Luftfahrtphasen wird eine Terra incognita wieder Teil des Stadtgrundrisses als innerstädtische Park- und Grünfläche. Lange – und gegen heftige Widerstände – wurde für diese Befreiung des Areals aus seiner Airport-, Geschichts- und Sonst-wie-Gefangenschaft gekämpft: von Umweltverbänden, Initiativen, Parteien und sogar einem Regierenden Bürgermeister. Mit Erfolg.

Dass heute nicht wie einst zu Luftbrückenzeiten über den Zugewinn von fast 300 Hektar Fläche gefeiert wird, ist die zweite und damit schlechte Nachricht. Schuld an der miesen Stimmung trägt der Senat, in dessen Verantwortung die Nachnutzung von Tempelhof liegt. Viel zu lange hatte die Landesregierung kein Konzept für den zukünftigen Umgang geschweige denn die Öffnung des Geländes. Bezirkliche Interessen und die von Anwohnern wurden ignoriert, Proteste sogar niedergeknüppelt.

Übertriebene Vorsicht

Selbst jetzt, wo man über Klarheit zur stufenweisen Öffnung verfügt, verharrt die Verwaltung weiter in merkwürdigen Gräben: Öffnung ja, aber nur tagsüber. Bewacht und eingezäunt. Hier grillen, dort Sport et cetera. Alles Vorschriften, als wäre Tempelhof eine regelrechte Angstnummer, als wären wir Parkbesucher unberechenbar und gefährlich, und als müsste das Grün gesichert werden. Warum diese übertriebene Vorsicht? Vielleicht, weil der Senat als Einziger dort noch nicht ganz angekommen ist. Es wird Zeit!