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Archiv-Artikel

Herr Aksal hat es im Gefühl

Jan Feddersens Gastrokritik: Das Kezo liegt nicht auf der prächtigen Seite Charlottenburgs. Ist aber die feinste Feinkostadresse des Stadtteils

Mommsenstraße, Schlüterstraße, überhaupt das ganze Bohemestraßengeäst oberhalb des Ku’damms: Ein munter-welkendes Viertel voller schicker Läden und Tante-Emma-Haftigkeiten weit oberhalb des verachteten Lidl-Niveaus. Dann, leicht stadtauswärts, kommt die Wilmersdorfer Straße. Da ist es immer noch teuer – aber Feinkostläden haben kaum eine Chance, zu beweisen, dass sie es können: feine Lebensmittel parat zu halten, importiert oder selbst zubereitet.

Gegen diesen Darwinismus der guten und weniger guten Quartiere muss auch Herr Aksal ankämpfen, ein Türke, der einst an der Bergmannstraße arbeitete – und dort um die Ecke heute noch lebt. Sein Laden heißt Kezo und ist, das haben wir geprüft, die feinste Feinkostadresse in Charlottenburg. Es ist ein Ecklädchen. Drinnen sieht es aus, wie man es von einem Geschäft erwarten darf, das die „Sonne des Mittelmeers“ in seine Selbstskizze eingewoben hat: An der Decke hängen Ketten voll getrockneter Auberginenringe. Die Sitzgelegenheiten sind levantinisch bequem. Der Besitzer stammt aus einer türkischen Ecke nah bei Syrien, die vor sehr vielen Jahren französisch kolonisiert wurde. Und auf diese Weise versteht er auch sein Tun: „Wir sehen das Mittelmeer als einen Raum, in dem alle immer miteinander zu tun hatten – kulinarisch, kulturell, von der Lebensart her.“

Insofern nimmt es nicht wunder, dass in den Regalen wirklich ein irritierend unübersichtliches Sammelsurium an schönen Produktion steht. Nudeln aus Spanien und Italien, Eingelegtes aus Griechenland … nur wenige Label kennt man, selbst die Deliabteilung des KaDeWe könnte noch Anregungen sammeln. Herr Aksal stellt auch selbst Delikatessen her. Nachdem wir sie probiert haben, muss man schon sagen: Der Mann kann es, der hat im Gefühl, wie man es macht mit dem guten Geschmack, mit Frische und Festigkeit – und mit Gastlichkeit. Die kleinen Speisen kosten alle so um die 3 Euro und sind damit preislich weit unterhalb des Levels, das man rund um die Schlüterstraße anschlagen kann. Es gibt Walnusscremes, Schafskäsetomatenpasten, dazu Schinken aus vielen Ländern, Salame ebenfalls, wie auch Käse, rohmilchig oder lang gelagert.

Zu jedem Kaffee gibt es im Übrigen feinstes sizilianisches Tafelwasser mit leichtem Sprudel … auch dies im Sommer wie eine Brise. Köstlich. Zu erwähnen sind unbedingt auch die Zuckerdosen, Friedensreich-Hundertwasser-stylish bearbeitet.

Kurzum: Da hat sich einer offenbar mit aller Liebe an seine Ladengründung gemacht – und das tut dem Magen ausgesprochen gut. Unbedingt den Cateringservice nutzen: Er ist unauffällig – aber die Speisen sind garantiert frisch. Der Ausflug ins tiefere Charlottenburg, er lohnt.

KEZO, Sybelstr. 24/Ecke Droysenstr., 10629 Berlin, S-Bahn Charlottenburg, Fon (0 30) 54 71 06 47; Mo bis Fr 9-20 Uhr, Sa 9-18 Uhr; Lieferservice auch sonntags