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Archiv-Artikel

Karlsruhe entscheidet: Bayerns Demogesetz bleibt

JUSTIZ Nach zwischenzeitlicher Änderung lehnt das Bundesverfassungsgericht Beschwerden nun ab

SPD, Grüne und DGB hatten gegen einen CSU-Alleingang geklagt

FREIBURG taz | Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat Klagen von SPD, Grünen und DGB gegen das bayerische Versammlungsgesetz abgewiesen. Nach einer Entschärfung des Gesetzes im Jahr 2010 seien die Verfassungsbeschwerden unzulässig geworden.

Seit der Föderalismusreform 2006 dürfen die Bundesländer eigene Versammlungsgesetze beschließen. Bayern war das erste Bundesland, das 2008 davon Gebrauch machte. Unter anderem wurde es den Behörden erleichtert, rechte Demonstrationen zu verbieten.

Die linken Gegner des neuen Versammlungsgesetzes störten sich aber an anderen Punkten: Bei Demonstrationen sollte die Polizei auch ohne konkrete Gefahr filmen dürfen. Demonstranten sollten auf Kleidung verzichten, die Gewaltbereitschaft signalisiert. Vor der Demonstration sollten die Daten von Versammlungsleitern und Ordnern eingereicht werden.

Die 13 klagenden Organisationen meinten, das Gesetz ziele auf die Einschüchterung der Bürger ab. Und tatsächlich: Im Februar 2009 erzielten die Kläger einen ersten Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht entschärfte in einem Eilbeschluss das bayerische Gesetz. So durfte die Polizei nur noch bei „unübersichtlichen“ Demonstrationen filmen und die Aufnahmen nur im Gefahrenfall speichern. Das Verbot militanter Kleidung bleibt zwar bestehen, darf aber nicht mehr mit Bußgeldern geahndet werden.

Ein Jahr später entschärfte dann der bayerische Landtag selbst das Gesetz. Inzwischen war die FDP, die 2008 noch zu den Klägern gehörte, gemeinsam mit der CSU in Bayern an der Regierung. Dabei wurden im Wesentlichen die Eilvorgaben der Verfassungsrichter ins Gesetz übernommen. An anderen Punkten wurde das bayerische Gesetz wieder dem Bundesgesetz angenähert.

Die nunmehr zwölf Kläger (ohne die FDP) hielten das Gesetz aber immer noch für verfassungswidrig und verlangten eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die sie nun erhielten: Die Klagen seien in jeder Hinsicht unzulässig.

Erstens fehle das Rechtsschutzbedürfnis, soweit noch gegen das alte Gesetz geklagt werde. Zweitens seien Klagen gegen die Überwachungsregeln im neuen Gesetz unzulässig, weil die Polizei jetzt immer offen filmen müsse. Dann müssten Betroffene aber zunächst gegen eine konkrete Polizeimaßnahme (und nicht gegen das Gesetz) klagen.

Drittens hätten die Kläger oft Punkte gerügt, die schon im Versammlungsgesetz des Bundes galten und vom Bundesverfassungsgericht akzeptiert worden waren, etwa die Pflicht, eine Demo vorher bei den Behörden anzumelden.

Die Kläger bekommen dennoch ein Drittel der Kosten erstattet, weil sie mit ihrer Beschwerde ja immerhin eine Änderung des Gesetzes ausgelöst hatten.

CHRISTIAN RATH