Neuanfang ohne Aufbruchstimmung

Auch in Hamburg zimmern Wahlalternative und PDS fieberhaft an einem Bundestagswahlbündnis: Der Weg zur Kandidatur ist steinig, gegenseitige Vorbehalte prägen den Dialog. Problem: Über die KandidatInnenliste entscheidet allein die PDS-Basis

Von Marco Carini

Die guten Nachrichten aus Hamburgs parlamentarisch orientierter Linker zuerst: Auch in der Hansestadt zimmern die Wahlalternative (WASG) und die PDS unter Hochdruck an einem Bündnis für die geplante Bundestagswahl im September. Beide Seiten beurteilen die Erfolgsaussichten für einen Zusammenschluss samt gemeinsamer KandidatInnenliste optimistisch.

Gute Nachricht Nummer zwei: Das Wahlbündnis in spe verfügt zahlenmäßig über eine gesunde Basis. Zur Diskussionsveranstaltung „Linke in Deutschland gemeinsam?“ fanden sich am Montag an die 200 Personen aus beiden Lagern in der Altonaer „Werkstatt 3“ ein. Damit ist der Fundus der Erfolgsmeldungen jedoch fast verbraucht: Statt Aufbruchstimmung zu vermitteln, gaben die Diskutanten auf dem Podium – Joachim Bischoff vom WASG-Bundesvorstand und die PDS-Parteivorständlerin Elke Breitenbach – einen Blick auf die Gräben zwischen den beiden Parteien preis.

Dass etwa das Wahlgesetz den WASG-Mitgliedern nur die Möglichkeit lässt, auf offenen Listen der PDS zu kandidieren, löst bei Bischoff heftiges Unbehagen aus: „Wenn die PDS sich als Herrin des Verfahrens bezeichnet, beinhaltet dieses Bild auch, dass es einen Knecht gibt.“ Inhaltlich sei es zudem schwer, im Schlepptau einer Partei, die in Berlin und Schwerin tatkräftig am Kahlschlag mitwirke, Wahlkampf gegen den sozialdemokratischen Sozialabbau zu machen. „Da haben wir ein Vermittlungsproblem“, so Bischoff.

Dagegen beklagt Elke Breitenbach, dass die WASG aufgrund ihres Männerüberhangs kaum die Gewähr biete, die für die PDS bindende Frauenquote auf den Wahllisten zu garantieren: „Eitle alte Männer habe ich in meiner Partei genug, da ist mein Bedarf gedeckt.“ Auch deshalb müsse das Wahlprojekt spätestens nach der Bundestagswahl in der gesamten Linken verankert und für andere Strömungen geöffnet werden. „Beide Parteien sind nicht so aufregend, dass sie sich von selbst erneuern“, so Breitenbach. Oder wie es ein Hamburger PDS-Mitglied auf der Veranstaltung selbstkritisch prophezeite: „Zwei Sekten ergeben nicht automatisch eine große Partei.“

Einig sind sich beide FunktionärInnen zumindest in einem Punkt: Das geplante Wahlbündnis ist zum Erfolg verdammt; gegeneinander zu kandidieren, wäre „ein schwerer politischer Fehler“ – und ein Scheitern würde „den Frust innerhalb der Linken noch vergrößern“.

In Hamburg wähnen sich beide Partner auf einem guten Weg. „Wir bekommen das hin“, verspricht WASG-Landesvorstand Berno Schuckart. Am heutigen Mittwoch treffen sich die Landesvorstände beider Parteien, um das weitere Prozedere festzuzurren. Danach sollen noch vor der Sommerpause die Weichen für das Wahlbündnis gestellt werden: auf zwei PDS-Mitgliederversammlungen am 18. und 25. Juni im Altonaer Lichtmess-Kino sowie auf einem WASG-Landesparteitag am 25. Juni im Hamburg-Haus.

Die Hamburger PDS-Sprecherin Christiane Schneider verspricht, „für ein faires Verfahren bei der Listenaufstellung zu kämpfen“, bei der beide Partner ausreichend zum Zuge kommen. Doch sie warnt zugleich: „Es gibt keine Garantien, dass unsere Mitglieder das auch so wollen.“ Schließlich sei die PDS-Mitgliederversammlung, die nach dem Wahlrecht letzendlich die Listenplätze vergeben muss, in ihrer Entscheidung autonom.

Nimmt sie aber diese Autonomie auch in Anspruch, ist eines absehbar: Das Wahlbündnis wäre auf Hamburg-Ebene geplatzt, noch bevor es geschmiedet wurde.