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Archiv-Artikel

AMERICAN PIE

Nächste Woche beginnt die Basketball-EM. Wer mitspielen darf, wird auch in den USA entschieden

Die Klubs und die Granden

Am Sonntag war es geschafft: Mit einem 92:54-Sieg über Belgien qualifizierte sich das französische Nationalteam als letzte Mannschaft für die anstehende Basketball-Europameisterschaft, die am 7. September in Polen startet. Mit Spanien, Deutschland, Russland, der Türkei und auch ebenjenen Franzosen sind Teams dabei, die normalerweise auf ihre Stars aus der NBA zählen. Nach momentanem Stand wird ein Großteil der Granden dabei sein – doch Verletzungsbedenken und damit einhergehende Diskussionen um Versicherungsparagrafen machen den Träumen mancher Nationaltrainers den Garaus oder treiben den Übungsleitern zumindest Schweißperlen auf die Stirn.

Der Franzose Mickael Pietrus, in der NBA mit den Orlando Magic just Vizemeister geworden, bekam vom Team aus der unmittelbaren Umgebung von Disneyworld, Strand und Rentnerrudeln keine Freigabe für die Reise zurück nach good old Europe. Pietrus war nach einer Verletzung noch nicht wieder voll einsetzbar und wurde zur Reha in den klubeigenen Räumlichkeiten verdonnert. Sein Teamkollege in Bleu, Tony Parker, in der NBA bei den San Antonio Spurs aktiv, spielt dagegen mit der Erlaubnis der Texaner bei der EM. Die werden nicht schlecht erschrocken sein, als sie erfahren mussten, dass sich Parker im Vorbereitungsspiel gegen Österreich schon im ersten Viertel verletzt hat und auf Krücken vom Feld humpelte. „Es ist nur eine kleine Verstauchung, die Bänder sind okay“, gab sich Parker direkt nach der Partie Mühe, Sorgen aus Texas zu zerstreuen. Trotzdem beorderten ihn die Spurs umgehend zurück nach Übersee für ausführliche Untersuchungen, ehe er wieder den langen Flug gen Europa antreten durfte.

Die Spurs machten schon im letzten Jahr unangenehme Erfahrungen mit Länderspiel-Abstellungen: Man ließ Guard Manu Ginobili – obwohl schon angeschlagen – mit der argentinischen Nationalmannschaft bei Olympia antreten und musste dann zähneknirschend mit ansehen, wie sich die Bänderverletzung des Gauchos noch verschlimmerte, letztlich einen operativen Eingriff erforderte und ihn für die ersten 38 Saisonspiele außer Gefecht setzte.

Auch die EM-Vorbereitung der favorisierten Spanier barg einen Schreckmoment: Forward Pau Gasol, mit den L. A. Lakers gerade NBA-Champion geworden, brach sich Anfang August im Training den linken Zeigefinger, wird zum Eröffnungsspiel aber vermutlich wieder fit sein. „Die Lakers sind natürlich nicht glücklich über meine Verletzung, aber sie werden mir wohl keine Steine in den Weg legen,“ so Gasol mit dem Arm in der Schlinge.

Dem deutschen Nationalteam wird sein größter und einziger Star dagegen fehlen. „Wir alle respektieren und unterstützen Dirks Entscheidung vorbehaltlos.“ Bundestrainer Dirk Bauermann kommentierte mit diesen Worten, was zwar nicht unbedingt erwartet, aber doch befürchtet worden war: Dirk Nowitzki, das Aushängeschild nicht nur des deutschen Basketballs, wird in Polen nicht für das DBB-Team auf dem Parkett stehen.

Diese halb freiwillige, halb erzwungene Entscheidung gründet auf Nowitzkis Boss in der NBA namens Mark Cuban, dem Besitzer der Dallas Mavericks. „Ich hätte sehr gerne gespielt und stehe auch gut im Training. Aber ich kann den Standpunkt von Mark komplett verstehen und stehe zu meinem Wort.“ Ebenjener Dirk Werner Nowitzki hatte seinem Arbeitgeber versprochen, sich in diesem Sommer voll auf die Vorbereitung mit den Mavs zu konzentrieren, was in den letzten Jahren – wegen Olympia 2008 und der EMs 2007, 2005 und 2003 – nicht der Fall war. Wenigstens bleiben ihm so die Querelen um mögliche Verletzungen und Versicherungsleistungen erspart. DAVID DIGILI