meinungsstark
:

Die palästinensischen Perspektiven

„Komplexität ist hier nicht vorgesehen. Der Streamingdienst Netflix bietet in der Filmreihe „Palestinian Stories“ eine Auswahl an palästinensischem Kino. Antijüdische Zerrbilder beherrschen das Angebot. Ambivalenzen werden sofort abgewürgt“, wochentaz vom 8. 4. 23

Sehr geehrte Damen und Herren, in seiner Besprechung der Netflix-Filmreihe „Palestinian Stories“ zeigt sich Ihr Autor Chris Schinke unfähig oder unwillig, den Sinn der Reihe zu verstehen: Es geht um palästinensische Perspektiven, die viel zu selten Aufmerksamkeit bekommen. Es geht nicht um Perspektiven, die den Deutschen mit ihrer nationalen Schuldgeschichte genehm sind. Die Palästinenser haben sich nicht ihre Vertreiber und Besatzer ausgesucht, und wenn sie uns Einblicke in die Verbrechen geben, die ihnen historisch und gegenwärtig angetan werden, ist es nicht ihre Sache, ob die Deutschen sich dabei an ihre eigenen Verbrechen an den Juden erinnert fühlen. Alle Menschen sind je nach Umständen zu Gutem und Schlechtem in der Lage, und es ist nicht ein „Narrativ“, dass 750.000 vertrieben wurden und Tausende in Massakern getötet, sondern eine historische Tatsache. Wenn Herr Schinke nur jüdische Geschichten hören will, empfehle ich ihm den Film „Tantura“, in dem ehemalige jüdische Soldaten von noch schockierenderen Verbrechen erzählen als in „Farha“ oder „3000 Nights“. Wieland Hoban, Vorsitzender, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

„Trauma“ – kein inflationärer Begriff

betrifft: „Trigger“ und „Trauma“ sind jetzt „trendy“?

Seit mehreren Monaten bemerke ich, dass JournalistInnen Ihrer Zeitung die Worte „Trigger/triggern“ und „Trauma/traumatisch“ völlig aus dem eigentlichen Kontext reißen und als Erklärung verwenden, die überhaupt nicht stimmig ist. So wurde in einem Artikel über Twitter ein Mann zitiert, der eine Situation für sich traumatisch fand, ein Journalist ist getriggert, weil er über einen Kieselstein fährt, und einer behauptet, Frau Giffey sei in einer „offenbar fast traumatischen“ politischen Situation.

Für Menschen wie mich, schwer durch eine K-PTBS (Komplexe posttraumatische Belastungsstörung) gebeutelt und dadurch ein ums andere Mal ausgeschlossen aus vielen gesellschaftlichen Diskussionen, ist es schmerzend zu sehen, wie eine Tageszeitung sich dem inflationären Gebrauch der Worte (gerade auch bei Jugendlichen) ohne Überlegungen anschließt. Sie tragen dadurch dazu bei, dass diese Worte als Ersatz für andere Worte verwendet werden. Ich habe keine Lust, jede Woche daran erinnert zu werden, wie „trendy“ diese Worte mittlerweile sind, aber Menschen, die wirklich durch schwerste Traumata krank sind, keine Stimme haben und oft ausgegrenzt werden, mit ihren Beschwerden nicht ernst genommen werden.

Ich möchte noch kurz anmerken, dass schon sehr viele Beratungsstellen und auch die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Frau Kerstin Claus, darauf ebenfalls aufmerksam machten.

Name ist der Redaktion bekannt

„Anja Krüger zu den Plänen der Union für die Deutsche Bahn: Wettbewerb ist nicht die Lösung“, taz vom 17. 4. 23

Gemeinwohl? Wie romantisch!

Der Begriff „Gemeinwohlorientierung“ ist in den Reihen von CDU/CSU und der FDP unbekannt. Die sind an solcher Romantik nicht interessiert. Perkele auf taz.de

Wenn Bismarck noch Bahnchef wäre

Im Hauptbahnhof Halle/Saale hängt folgende Tafel:

„Eisenbahnen sind in erster Linie nicht zur Gewinnerzielung bestimmt, sondern dem Gemeinwohl verpflichtete Verkehrsanstalten. Sie haben entgegen dem freien Spiel der Kräfte dem Verkehrsinteresse des Gesamtstaates und der Gesamtbevölkerung zu dienen. Otto Fürst von Bismarck, Deutscher Reichskanzler.“ Friedrich Thorwest, München