: Polizei darf auch im Herbst noch lauschen
Regierung und Opposition schließen Kompromiss zu Lauschangriff. Bei Privatgesprächen müssen Beamte abschalten
FREIBURG taz ■ Die Wanzen müssen nun doch nicht am 1. Juli eingesammelt werden. Gestern einigten sich Regierung und Opposition auf eine Neuregelung des großen Lauschangriffs, die den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird und noch einige Forderungen des unionsdominierten Bundesrats aufnimmt.
Karlsruhe hatte das Abhören der Wohnung auf Fälle schwerster Kriminalität begrenzt. Im rot-grünen Gesetz wurde daraufhin eine Liste mit 22 Gruppen von Delikten definiert, bei denen mit Hilfe des Lauschangriffs ermittelt werden darf. Der Bundesrat wollte die Liste noch verlängern und drohte damit, das Gesetz scheitern zu lassen. Dann hätten die Mikrofone am Ende dieses Monats abgeschaltet werden müssen, weil die von Karlsruhe gesetzte Frist zur Umsetzung des Urteils ablief.
Der rot-grün-schwarze Kompromiss sieht nun vor, dass der Lauschangriff auch bei Ermittlungen wegen Kreditkartenfälschung, gemeinschaftlicher Vergewaltigung und gemeinschaftlichem Kindesmissbrauch sowie in bestimmten Fällen gegen kriminelle Vereinigungen möglich ist. Vor allem Letzteres war für die Grünen ein harter Brocken. „Wir wollten verhindern, dass der Lauschangriff auch gegen eine Gruppe von Ladendieben oder Graffiti-Sprayern eingesetzt werden kann“, erklärt Fraktions-Vize Christian Ströbele. Jetzt erfasst das Gesetz nur solche Vereinigungen, die auf die Begehung schwerster Straftaten gerichtet sind.
Schon bisher wurden nur rund 30-mal pro Jahr bei Ermittlungen Wanzen in Wohnräumen eingesetzt. Nach der Neuregelung wird die Zahl weiter sinken. Denn Karlsruhe hat das Abhören von Gesprächen aus dem „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ verboten. Künftig muss deshalb ein Polizist neben dem Bandgerät sitzen, um bei Privatgesprächen sofort abzuschalten.
CHRISTIAN RATH