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Archiv-Artikel

Afghanistan mal anders

FILM-FESTIVAL Anschläge und Krieg bestimmen derzeit das Bild, das man sich hierzulande von Afghanistan macht. Das Film-Festival „Afghanische Perspektiven“ im Metropolis zeigt ab heute andere Blicke aus dem und auf das Land am Hindukusch

„Wenn ich fahre, das sind die schönsten Momente meines Lebens“, sagt die 22-Jährige.

VON ROBERT MATTHIES

Zwei Wochen ist es her, dass in der Islamischen Republik Afghanistan zum zweiten Mal gewählt wurde. Vieles hat sich in den letzten acht Jahren seit dem Ende der Herrschaft der Taliban verändert – prekär und instabil ist die Lage dort immer noch. Viel erfährt man indes meist nicht, Krieg und Anschläge bestimmen die Schlagzeilen und folglich das Bild, das man sich hierzulande vom Land am Hindukusch macht.

Wer mehr in Erfahrung bringen und sein eigenes Afghanistan-Bild überprüfen möchte, sieht sich ab heute im Metropolis beim Film-Festival „Afghanische Perspektiven“ Filmproduktionen vor allem junger afghanischer RegisseurInnen aus den letzten vier Jahren an – das Ende der Taliban war auch der Beginn einer neuen und unabhängigen Filmindustrie. Vor allem thematisieren die Filme Entrechtung wie Zwangsheirat, Kinderarbeit, patriarchale Strukturen. Aber auch der Alltag wird ins Bild gesetzt, zwei Animationsfilme suchen zudem neue künstlerische Ausdrucksformen.

Ein Teil der gezeigten Filme war schon auf dem Dokumentarfilmfest in Leipzig im Programm, dazu kommen neue Produktionen, die bislang in Deutschland noch nicht zu sehen waren. „Afghan Women Behind the Wheel“ etwa, der am Samstag läuft, beschäftigt sich mit der Situation von Frauen am Hindukusch – und ihrem Kampf um Veränderung. Regisseurin Sahraa Karimi porträtiert afghanische Frauen, die Ungewöhnliches getan haben: In einem Land, in dem die Stimme einer Frau vor Gericht genau halb so viel wert ist wie die eines Mannes, haben sie im Auto den Platz gewechselt und das Steuerrad in die Hand genommen. Sina Shireen etwa hat am ersten Fahrkurs für Frauen überhaupt teilgenommen, seit drei Jahren ist sie im roten Toyota auf dem langen Weg in Richtung Gleichberechtigung unterwegs. „Wenn ich fahre, das sind die schönsten Momente meines Lebens“, sagt die 22-Jährige.

■ Do, 3. 9. bis So, 6. 9., Metropolis, Steindamm 54, Programm: www.metropolis-kino.de