Nach dem Fasten wird gefeiert

RAMADAN „Die Nächte des Ramadan“ bringen die sinnliche Seite des Fastenmonats in Berlins Mitte. Zwei Wochen dauert das Festival

„Ramadan-Nächte sind lang“, heißt es in einem arabischen Poem aus den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts. „Erst fangen sie ganz langsam an. Aber dann. Aber dann.“ Oder so ähnlich.

Aber im Ernst: in den meisten muslimischen Ländern ist der Fastenmonat Ramadan keineswegs nur mit Entbehrungen, Mundgeruch und Magenknurren verbunden. Im Gegenteil: weil sich die religiöse Pflicht, auf leibliche Genüsse zu verzichten, nur auf die Tagesstunden bezieht, wird abends umso mehr auf die Pauke gehauen. So ähnlich wie Weihnachten, das mit „Stille Nacht“ allein kaum hinreichend beschrieben wäre, ist auch der Ramadan für viele, die in muslimischen Ländern aufgewachsen sind, paradoxerweise mit kulinarischen Wonnen verbunden, mit eigenen Ramadan-Kochrezepten, Ramadan-Serien im Fernsehen und Volksfest-Stimmung auf den Straßen bis tief in die Nacht.

Die sinnliche Seite einer Religion, der ansonsten ein eher puritanischer Ruf anhaftet, bekannter zu machen, hat sich das Festival „Die Nächte des Ramadan“ auf die Fahnen geschrieben. Im Lustgarten vor dem Alten Museum sowie im Museum für Islamische Kunst, in der historischen Mitte der Stadt also, werden von heute an orientalische Farben, Klänge und Düfte vorherrschen. Jeden Abend zum Sonnenuntergang wird dort zwar nicht der Muezzin vom Fernsehturm rufen. Aber pünktlich zum Fastenbrechen, gegen halb neun, setzt dort nun jeden Abend ein Festival mit Konzerten, Lesungen und anderen Events ein, das sich über zwei Wochen hinziehen wird.

Der Reigen beginnt heute mit einem Auftritt des syrischen Jazz-Gitarristen Hanibal Saad und dessen Fusion-Band Irtijal, bei dem der armenischstämmige Sänger Ibrahim Kevo den eher traditionellen Part übernimmt. Zweifellos ein Highlight ist aber auch das Gastspiel der Derwisch-Ordens um den Scheich Nail Kesova aus Istanbul, die im Museum für Islamische Kunst ihr berühmtes Drehtanz-Ritual zelebrieren werden, das Orient-Reisende durch alle Jahrhunderte hindurch fasziniert hat. Wenn sie nicht gerade auf Auslandstournee sind, kann man die Mevlevi-Derwische aus Istanbul heute fast jedes Wochenende in ihrem Konvent im Stadtteil Galata herum wirbeln sehen. Mehr als bloß ein touristisches Spektakel, ist ihr Ritual tatsächlich noch immer ein Ausdruck mystischer Versenkung und hat nichts von seiner meditativen Suggestivkraft verloren.

Es folgen außerdem ein Konzert der senegalesischen Star-Rapperin Sister Fa, die in Berlin-Kreuzberg lebt, eine „Nacht der arabischen Poesie“ und eine Film-Performance von Alex Hacke. Gemeinsam mit seinem Bandkollegen N.U. Unruh von den Einstürzenden Neubauten sowie dem DJ Khan of Finland hat Hacke ein türkisches B-Movie aus den 60ern neu vertont, zusammen wollen sie nun ihren Soundtrack live präsentieren. Aus diesem Kessel Buntes kann sich jeder etwas herauspicken.

Ihren Abschluss finden die „Nächte des Ramadan“ am Sonntag, den 20. September mit einem großen Familienfest, das schon um 11 Uhr beginnt. Das türkische Zuckerfest, arabisch „Eid al-Fitr“ genannt, wird einen Tag später aber auch noch mit einer großen After-Ramadan-Party im Kesselhaus der Kulturbrauerei gefeiert, zu der einige namhafte Bands und DJs angekündigt sind. DANIEL BAX

■ Das vollständige Programm findet sich unter www.naechtedesramadan.de