: Die Grenzen sind dicht
Die Saat von CDU-Obmann Eckart von Klaeden geht auf: Die Visa-Debatte schlägt sich schon jetzt direkt im Verwaltungshandeln nieder. Deutlich spürbar war das bei einem internationalen Studentenfestival in Greifswald
Nun haben auch die letzten der ausländischen Gäste ihre Koffer gepackt und sind gen Greifswalder Hauptbahnhof entschwunden. Das eigens fürs Festival errichtete Zirkuszelt ist abgebaut, Ruhe kehrt ein ins beschauliche Städtchen. Dass nur 280 statt der erwarteten 450 Studenten hier in der vergangenen Woche die ansonsten nicht durch interkulturelle Optik bestechende Hansestadt belebten, ist nicht zuletzt der verschärften Visa-Politik Deutschlands zu verdanken.
Schon beim ersten Studentenfestival vor drei Jahren gab es Probleme bei der Einreise von StudentInnen aus Ländern, die nicht zur EU zählten. Betroffen waren damals wie heute vor allem AfrikanerInnen. Als „ungerecht“ bezeichnete dann auch der aus Ghana stammende Student Selira Kotoua seine Erfahrungen mit der Botschaft. Er könne nicht verstehen, warum viele der eingeladenen Studenten, die allein für das Prüfen ihrer Papiere eine für afrikanische Verhältnisse nicht geringe Menge an Geld zahlen mussten, letztlich doch nicht einreisen durften. „Es gab noch nicht einmal eine Begründung für die Ablehnung.“
Nur vermutet werden kann, dass die geografische Nähe Ghanas zu dem jüngst von Unruhen erschütterten Togo die übliche Angst vor Asylbewerbern auslöste. Sie manifestierte sich in der Haltung einiger Botschaften, die neben der Zusicherung von Unterkunft, Verpflegung und Versicherung für die Teilnehmer auch eine schriftliche Bestätigung der Kostenübernahme im Falle einer notwendigen Abschiebung verlangten. Mitunter nutzte selbst das nichts: Visa-Affäre einmal anders herum.
Erfolgreich war das Festival trotzdem: Es stand unter dem Motto „Touch the world“. Und tatsächlich haben die 30 ehrenamtlichen Organisatoren zusammen mit anderen Initiativen und Bürgern der Stadt Studenten aus fast aller Welt für eine Woche zusammengebracht, um über Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zu diskutieren. In sechs Workshops wurde zu Themen wie Migration, Globalisierung, Entwicklungszusammenarbeit und Bioethik gearbeitet. Internationales Frühstück auf dem Markt, Festumzug durch die Stadt, und ehe man sich’s versah, hatte man schon mit einem Serben den von ihm freizügig verteilten Slivovitz getrunken.
Die Zusammenarbeit mit dem auswärtigen Amt sei im allgemeinen sehr gut verlaufen, stellte die für Einladung und Einreise der Teilnehmer verantwortliche Julia Gruyters fest. Aber: An Afrika „sind wir tatsächlich gescheitert“. Bitter, wenn man die vorangegangene Arbeit bedenkt. Aus insgesamt 1.600 Bewerbungen wurden in einem aufwändigen Verfahren 700 Studierende ausgewählt um letztlich auf 450 Teilnehmer hoffen zu können.
Aber auch die Gäste mit Visum hatten auf das eine oder andere zu achten, meistens auf die Zeit. Inga Leshcheva aus Weißrussland bedauerte, an der Abschlussveranstaltung nicht teilnehmen zu können: „Ich muss in fünf Stunden über die Grenze.“ Auf der Abschlussparty am Strand tanzen Ukrainer zusammen mit Afrikanern und ihren deutschen Gastgebern zu den Klängen einer ungarischen Band. Das war sowohl international, als auch berührend: touch the world. Angelika Rothhardt