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Archiv-Artikel

Eine Union, viele schwarze Listen

BERLIN taz ■ Eigentlich wollten CDU und CSU noch gut drei Wochen warten. Erst am 11. Juli, so der Plan, sollte die geneigte Öffentlichkeit erfahren, wie ihr Wahlprogramm aussieht. Merkels Parole hieß: Bis dahin nichts Konkretes sagen, Rot-Grün beim Untergehen zuschauen und Inhaltliches intern ausverhandeln. Doch siehe da, nun kam schon gestern, kurz nach 12, die Kunde: „Die Union hat sich geeinigt.“

Potz Blitz! So schnell und auch so deutlich! Die Pressemitteilung „Zum gemeinsamen Wahlprogramm der CDU und CSU“ enthielt ausschließlich Kürzungs- und Sozialabbau-Absichten. „Ausgrenzung“, erfuhr man, sei das „Prinzip der Union“. Die Autorin Thea Dückert muss es wissen, ist sie doch Fraktionsvizechefin – der Grünen. Grundlage ihrer Warnungsbotschaft war allerdings nicht eine offizielle Einigung der Merkel-Truppe, sondern „7 bittere Pillen der Union“, die von der Bild-Zeitung „aus der Unions-Spitze“ an die Leserschaft weitergegeben wurden.

Nur so zur Einstimmung und zum Testen, wie es ankommt.

Rente erst ab 67? Keine Steuerfreiheit mehr für Feiertags- und Nachtzuschläge? „Dass diese Dinge irgendwann kommen werden, ist unschwer zu erraten“, sagte ein Mitglied der Unionsführung der taz. Ob die bitteren Pillen aber so konkret auch schon ins Wahlprogramm geschrieben werden, sei freilich „noch nicht ausgemacht“. Schließlich sehe man sich einer „sozialpopulistischen Phalanx“ von SPD, Grünen und Linksbündnis gegenüber. Da müsse man aufpassen, was man ausspricht.

Keinen Hehl macht die Union aus ihrem Plan, den Kündigungsschutz zu lockern. Der soll nur noch in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten (bisher 10) gelten. Vorerst. Warum auch nicht, da ist ja auch Günther Jauch dafür. Schwieriger wird es schon, die geplante Aushöhlung des Tarifrechts zu verkaufen. Dazu werden zwei Wege genannt. Offiziell. Zum einen sollen Unternehmen per Änderungskündigung mit Beschäftigten untertarifliche Bezahlung vereinbaren können, wenn zwei Drittel der Belegschaft und der Betriebsrat zugestimmt haben. Zum anderen können Firmen Betriebsvereinbarungen abschließen, wenn die Gewerkschaft zustimmt. Inoffiziell wird eingeräumt: „Damit kriegen wir den Aufschwung auch nicht hin. Da braucht’s schon noch mehr.“ Irgendwann.

H. KOCH, L. WALLRAFF