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Archiv-Artikel

Sanierungshilfe Kleingarten

Haushaltslöcher stopfen? CDU-Bausenator Jens Eckhoff zeigt, wie’s geht: Kleingärtner sollen mehr Grünanlagen pflegen – und dafür mehr Pacht zahlen. „Unverschämt“, schäumen die

Das Schreiben von Bausenator Jens Eckhoff (CDU) an den Bremer Landesverband der Gartenfreunde hatte ganz harmlos begonnen: „… haben wir übereinstimmend festgestellt, dass die Bremer Kleingartenanlagen ein wichtiger Bestandteil im Bremer Grünsystem sind.“ Dann aber schrieb Eckhoff Klartext: „Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Haushaltsdaten“ sei eine Angleichung der Pachtpreise an das Niveau anderer Städte „unumgänglich“.

Es folgt: der Vorschlag, die Pacht für Bremer Kleingärten von derzeit 18 Cent pro Quadratmeter im Jahr auf nunmehr 40 Cent mehr als zu verdoppeln. Und der fromme Wunsch, diese Problematik „im größtmöglichen Konsens“ mit den KleingärtnerInnen zu lösen.

Doch von Konsens kann bislang keine Rede sein. Allein die Gartenfreunde Huchting, rechnet etwa deren Vertreter dem Senator auf der Jahresversammlung vor, pflegten 230.000 Quadratmeter Grünfläche – ein öffentliches Naherholungsgebiet. „Uns steht eine Belohnung zu, nicht eine Bestrafung“, ruft er. 300 Delegierte klatschen Applaus. Für Eckhoff gibt es Pfiffe.

900 Millionen Euro Defizit erwirtschaftet Bremen jedes Jahr – die Zinszahlungen im neunstelligen Bereich noch nicht einmal mit eingerechnet. Die Pachterhöhung soll dieses Loch ein kleines bisschen kleiner machen. Die Parzellieros sehen das nicht ein. „Kleingärtner sind keine Großverdiener“, sagt Hans-Ulrich Helms, Vorsitzender des Landesverbandes der Gartenfreunde: „Das sind eher Leute, die sowieso schon wenig haben.“

Leute wie Monika Fischer zum Beispiel. Seit zehn Jahren kennt die 67-Jährige an jedem Wochenende nichts außer ihrer Parzelle in Bremen-Woltmershausen. 560 Quadratmeter Erholung findet sie dort – einen Teich, ihre Blumen, das Biotop. Für die Pacht zahlt sie aktuell knapp 140 Euro, dazu kommt noch der Vereinsbeitrag von rund 80 Euro. Wenn Eckhoffs Vorstellung Realität würde, sagt die Rentnerin, dann wäre es für sie vorbei mit der Gärtnerei: „Irgendwann wird mir das einfach zu viel.“

Derzeit spielt die Pacht Bremen jährlich 900.000 Euro ein. Knapp zwei Drittel davon gibt die Stadt im Zusammenhang mit den Kleingärten wieder aus – hauptsächlich für Pflegearbeiten von Stadtgrün in und um die Kleingartenanlagen. In der Realität, pflichtet Eckhoff den Gartenfreunden bei, komme von diesem Geld „nicht sehr viel bei Ihnen an“.

Weil die Kleingartenvereine diese Mittel aber sicher „effektiver“ nutzen könnten als Stadtgrün, solle man nicht nur über die Pacht, sondern auch über Aufgaben und Leistungen reden, wirbt er. Etwa darüber, ob die Vereine nicht auch die bisher städtischen Aufgaben der Grünanlagenpflege auf ihrem Terrain selbst übernehmen könnten – und dafür dann das bisher für Stadtgrün vorgesehene Geld vertraglich zugesichert bekämen.

Helms indes kann darin keinen Vorteil sehen. „Wir sollen unsere eigene Arbeit mit unserem eigenen Geld bezahlen“, fasst er Eckhoffs Ansinnen mit Blick auf die geplante Pachterhöhung zusammen: „Das ist ja wohl der Hammer.“ Und verspricht: „Das läuft so nicht.“

Was die Pachterhöhung angehe, versichert Eckhoff schließlich, werde er selbstverständlich „den gesetzlichen Weg einhalten“ und den Gutachterausschuss befragen, der die Bodenwerte schätze. Die im Koalitionsausschuss ausbaldowerten 30 Cent seien nichtsdestotrotz eine „feste Größe“ – und er gehalten, diesen Beschluss „weitestgehend umzusetzen“.

Florian Neuhann/A. Simon