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Archiv-Artikel

Wahl im Armenhaus

In Guinea-Bissau gilt schon ein unbefangener Wahlkampf als gutes Zeichen. Doch große Erwartungen weckt er nicht

BISSAU taz ■ Dutzende Jugendliche drängeln sich vor einem Wahlamt in der Hauptstadt Bissau. Sie hoffen, wenigstens hier einen Job zu ergattern und als Wahlhelfer ein bisschen Geld zu verdienen. Denn Arbeit gibt es kaum in dem kleinen westafrikanischen Land, das morgen einen neuen Präsidenten wählen will.

Obwohl Guinea-Bissau eines der ärmsten Länder der Welt ist, gehört es nicht zu den Ländern, deren Schulden durch den jüngsten Schuldenerlass getilgt wurden. Das rund 1,4 Millionen Einwohner zählende Land hat die Kriterien für einen Schuldenerlass bislang verfehlt. „Schuld ist der alte Präsident Kumba Yala. Seine Regierung war absolut inkompetent“, beklagt David Vera Cruz vom Zusammenschluss der Nichtregierungsorganisationen in Guinea-Bissau. Ähnlich sah das auch das Militär und putschte im Jahr 2003. Seither regiert ein Übergangspräsident.

14 Kandidaten haben sich aufstellen lassen. Drei Kandidaten werden ernsthafte Chancen eingeräumt: João Bernardo „Nino“ Vieira, einem Exgeneral, der selbst 1980 durch einen Staatsstreich an die Macht kam; Kumba Yala, dem vor zwei Jahren gestürzten und zuvor gewählten Präsidenten; und Malam Bacai Sanha von der Partei, die zurzeit auch den Premierminister stellt. Geht es nach der Anzahl geklebter Plakate, so liegt Nino Vieira vorn – gefolgt von Malam Bacai Sanha. Die Wahlkampfstrategie erinnert an die Love Parade. Lkws und Kleinlaster mit Musikgruppen oder Lautsprechern fahren durch die Hauptstadt und spielen Partei-Schlagerlieder. Fährt eines dieser lärmenden Vehikel vorbei, kommt Heiterkeit auf. Viele sehen die Unbefangenheit der Bevölkerung in diesem Wahlkampf als gutes Zeichen.

Vor sieben Jahren brach ein kurzer, aber heftiger Bürgerkrieg aus, dessen spaltende Wirkungen noch heute zu spüren sind. Viele der Kandidaten, etwa Kumba Yala, stützen sich hauptsächlich auf eine Volksgruppe. Auch das Militär ist gespalten.

Der Spuk der Gewalt scheint nicht gebannt. Erst vor kurzem warnte der Premier, dass es einen Mordkomplott gegen ihn gebe. Auch Waffen sollen ins Land gekommen sein. „Was wir als Erstes brauchen, ist wirkliche Versöhnung, aber auch Gerechtigkeit für die Unverantwortlichkeiten durch Funktionäre und Militär“, sagt Antoneita Rosa Gomes, die einzige Präsidentschaftskandidatin, gegenüber der taz. Eine Studentin widerspricht: „Versöhnung kommt von allein, wenn die Menschen endlich ihren Lebensunterhalt verdienen können.“ HAKEEM A. JIMO