herzensort: Freiheit im Wald
Liebe Hütte, wir kennen uns erst seit ein paar Jahren, dabei gibt es dich bestimmt schon seit fünfzig Jahren. Du liegst im Oberharz, zwischen Bergen, wo sich oft der Nebel verfängt. Du dienst den Jägern, ab und zu, sie sagen Jagdhütte zu dir.
Für mich bist du das, was für andere die Laube ist. Nur dass dich kein Zaun begrenzt, du stehst frei, in einem Wald. Und Freiheit ist es auch, die du großzügig vergibst, wenn man dich bewohnt. Freiheit von Uhren, die die Zeit in Einheiten presst, von Spiegeln, die Zweifel säen, von Dingen, die klingeln oder sich zu laut, zu schnell bewegen.
Wenn man an deiner Stirnseite auf der Bank sitzt, schaut man auf einen kleinen, stillen See. Nachbarn hast du keine, nur ein paar Freunde kommen manchmal vorbei und graben mit ihren Schnauzen die Wiese um. Und wenn sich die Blätter verfärben, zieht dein Mitbewohner ein. Er rollt sich in einer Nische in der Wand zusammen und schläft, sieben Monate lang.
Du bist stille Zeugin der Gezeiten des Waldes. Und dass ich mich zu dir gesellen darf, um darüber zu staunen, ist manchmal mein größtes Glück. Nora Belghaus
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen