: Koma-Ursache Polizeieinsatz
Nach einem Polizeieinsatz vor zwölf Tagen in Düsseldorf liegt der Kameruner William Lary im Koma. Die Polizei macht Drogen für das Unglück verantwortlich, Anwohner die Brutalität des Einsatzes
VON JÖRN-JAKOB SURKEMPER
Seit zwölf Tagen liegt der William Lary im Düsseldorfer Sankt Vincenz Krankenhaus im Koma, ohne dass Freunde und Angehörige des 18-Jährigen wissen, was dem Afrikaner das Bewusstsein geraubt hat. Ab heute soll ein Anwalt die Rechte von Lary übernehmen, der nach einem Polizeieinsatz auf dem Worringer Platz am 8. Juni um 21:30 Uhr nach einem Herzstillstand wiederbelebt werden musste.
Während Polizei und Staatsanwaltschaft davon ausgehen, dass der Afrikaner den Kreislaufkollaps durch verschluckte Drogen erlitten hat, sehen Freunde von Lary und Anwohner des Viertels im brutalen Polizeieinsatz den Grund für den Herzstillstand des 18-Jährigen. Der behandelnde Arzt wollte sich am Samstag gegenüber der taz nrw nicht zu möglichen Gründen des Komas äußern. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Afrikaner in jedem Fall als Folge des Komas irreparable Schäden davon tragen wird.
„Die Ärzte vermuten bleibende Hirnschäden durch den zeitweiligen Sauerstoffmangel im Gehirn“, berichtet Uschi Ströbele, die mit einem Arzt gesprochen hat. Ströbele leitet das Kunstprojekt „Glashaus“ am Worringer Platz und arbeitet mit der afrikanischen Gemeinde und den Anwohnern zusammen.
Die Anwohner veranstalten seit mehr als einer Woche jeden Tag um 21:30 Uhr am Worringer Platz eine Mahnwache, mit der sie auf den Fall aufmerksam machen wollen. Ein Augenzeuge, der seinen Namen nicht nennen will, berichtet von einem brutalen Vorgehen der Polizei. Demnach sollen mehrere Zivilbeamte den 18-Jährigen am Boden fixiert haben. Einer soll mit dem Knie auf den Hals des am Boden Liegenden gedrückt haben – möglicherweise in der Absicht, ein Verschlucken der Drogen zu verhindern und diese sicher zu stellen. Auch nachdem William Lary aus der Nase blutete und über Atemnot klagte, sollen die Beamten nicht von ihm abgelassen haben. Den Protest des 30-jährigen Zeugen soll die Polizei ignoriert haben. „Ich bin sehr enttäuscht, dass so etwas in diesem Land passieren kann“, sagt er.
Die Polizei geht davon aus, dass Lary so genannte „Bubbles“ – kleine, in Gummi verpackte Rauschgiftportionen – verschluckt haben soll und sieht darin die Ursache für Larys Herzstillstand. Er soll zuvor dabei beobachtet worden sein, Heroin verkauft zu haben. „Das ist üblich, dass Dealer das Rauschgift verschlucken, wenn eine Verhaftung droht“, sagt Johannes Mocken von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Bereits einen Tag nach dem Vorfall hatte die Staatsanwaltschaft das Vorgehen der Polizei in der Düsseldorfer Ausgabe der Neuen Rhein Zeitung als „rechtens“ verteidigt.
Frank Laubenburg, für die PDS im Düsseldorfer Stadtrat, kritisiert das Vorgehen der Polizei scharf. Ihn erinnere das Ganze an einen Fall aus dem Jahr 2001. Damals war der 19-jährige Nigerianer John Amadi unter ähnlichen Umständen ums Leben gekommen. Auch damals hatte die Polizei behauptet, die verschluckten Drogen hätten den Mann umgebracht. Ein chemisch-toxikologisches Gutachten schloss dies jedoch später aus. Die tatsächliche Todesursache ist bis heute ungeklärt.
Laubenburg fordert von der Staatsanwaltschaft, im Fall William Lary die Ermittlungen aufzunehmen, doch die sieht dafür bisher keinen Anlass: „Wir nehmen Ermittlungen auf, wenn wir einen Anfangsverdacht haben, und den haben wir bis jetzt nicht“, sagt Mocken.