: Gnadenfrist für Schulprofile
ABSCHLÜSSE Schulsenator Rabe erlaubt einzelnen Schulen Ausnahmen vom angekündigten Zentralabitur. Elternkammer-Chef fordert Freiraum für alle
Im Streit um das Zentralabitur hat Schulsentor Ties Rabe (SPD) zwei Zugeständnisse angekündigt: So werden Schulen, die ein Profil gebildet haben, in dem neben mehreren Fächern auch ein externer Partner wie „Lufthansa Technik“ eingebunden ist, für zwei Jahre von der Zentralprüfung befreit. Zudem können Reformschulen, die schon in der Mittelstufe fächerübergreifend unterrichten, ganz vom Zentralabitur ausgenommen werden.
Zentrale Abschlussarbeiten gibt es bislang in den Hauptfächern Mathematik, Deutsch und einer Fremdsprache. Der Schulsenator will sie für den nächsten Oberstufenjahrgang auf alle Einzelfächer ausweiten. Das aber steht im Widerspruch zu der erst 2009 eingeführten Profiloberstufe, die Schülern fächerverbindendes Lernen ermöglicht. Die dort entwickelten Profile gingen kaputt, wenn für zentrale Prüfungen gepaukt werden müsse, warnten Schulleiter sowie Lehrer- und Elternkammer.
Jene Schulen, die einen Partner aus dem Bereich Wirtschaft, Hochschule oder Kultur haben, können nun bei der Behörde den zweijährigen Aufschub beantragen. „Das muss gut begründet sein“, sagt aber Rabes Sprecher Peter Albrecht. Die gewonnene Zeit könnten die Schulen nutzen, um die Kooperation mit den Partnern umzustellen.
Sabine Fernau von der Initiative Naturwissenschaft & Technik (NAT), die für Schulen solche Zusammenarbeiten organisiert, sprach von einem „großen Zugeständnis“. Man werde die Zeit nutzen.
Kritisch äußern sich Schulen, die nicht von den neuen Ausnahmen profitieren. Schulleiter Egon Tegge vom Luruper Goethe-Gymnasium etwa sprach von einer „Form der Spaltung“: Das Nachsehen hätten Schulen, die nicht aufgrund von guten Kontakten tolle Partner haben. Für das Medienprofil an seiner Schule etwa könne er „keinen Partner aus dem Hut zaubern“. Dennoch sei es ein wertvolles Konzept.
Auch Michael Hartwig, Chef der Elternkammer, ist nicht zufrieden mit Rabes zaghaftem Rückwärtsrudern. „Wenn es verschoben wird, wird die Sache nicht besser.“ Auch er fürchtet um die guten Profile jener Oberstufen, die keine Partner haben: „Die gehen nun trotzdem kaputt.“
Zweischneidig nennt Hartwig die Entscheidung, Reformschulen gleich ganz von den Neuerungen auszunehmen: Deren Abitur könnte nicht mehr als gleichwertig gelten, sagt er. „Ich würde mir wünschen, dass man allen Schulen den Freiraum ließe.“
Vernichtend waren erste Reaktionen der Opposition. Mit seiner Salamitaktik verschlimmere Rabe das Problem, erklärte Stefanie von Berg (GAL). Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels befand, der Senator sei dabei, „sich in Sonderregelungen zu verheddern“. Und der Christdemokrat Robert Heinemann warf Rabe gar vor, er führe das Zentralabitur nur ein, um auf Bundesebene den „starken Mann zu markieren“. KAIJA KUTTER