DER RECHTE RANDWARUM EINE STUDIE ZU RECHTEN TENDENZEN IN KIEL NICHT ERSCHEINT
: Unliebsame Aussagen

Unter den Anwesenden in der Fachhochschule Kiel war die Überraschung groß. Am 4. Mai wollte Professorin Roswitha Pioch dort auf der Tagung „Aktuelle Tendenzen des Rechtsextremismus und Alltagsrassismus in Norddeutschland“ eine regionale Studie präsentieren. Dann aber sagte sie: „Die Ergebnisse der Studie zu rechten Strukturen im Norden Kiels darf ich Ihnen nicht vorstellen.“

Per Mail habe der Kieler Kulturreferent und Ansprechpartner für den Lokalen Aktionsplan Kiel-Nord, Rainer Pasternak, ihr vor der Tagung untersagt, die Ergebnisse vorzutragen, sagt die Leiterin des Instituts für Interdisziplinäre Genderforschung und Diversity auch 20 Tage später noch. Eine Einigung „besteht nicht“, fährt Pioch fort. „Eine Veröffentlichung halte ich weiterhin für nicht tragbar“, sagt auch Pasternak.

Denn in der Studie, die mit von der Stadt bezahlt wurde, würden Gesprächspartner wörtlich zitiert. Da könne „erkannt werden, wer was gesagt hat“. Den Befragten, behauptet der Referent, sei „diese Wiedergabeform nicht klar gewesen“.

„Alle zwölf freiwilligen Gesprächspartner wurden voll aufgeklärt und ihre Aussagen sind anonymisiert“, sagt dagegen Pioch. „Bei der Vorstellung der Ergebnisse im Begleitausschuss gab es keine Einwände.“ Erst jetzt, nachdem die Studie seit zehn Wochen vorliege, habe sich eine Befragte gemeldet. Man sei dabei, alle Interviewten anzuschreiben.

Geht es aber wirklich um die Gesprächspartner? „In dem Bericht“ enthaltene Äußerungen „zum Verhalten der Polizei“ nennt Pasternak „sehr pauschal“: Diese Aussagen „werden dem Engagement des örtlich sehr aktiven Polizeibeamten nicht gerecht“.

In der Tat werfen von rechter Gewalt Betroffene der Kieler Polizei seit langem vor, die Gefahr zu bagatellisieren. Als Gesprächspartner bei der Studie mitzuwirken, hatte sie abgelehnt.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland