: Coach mit Zertifikat
BERATUNG Die Coachingbranche wächst, doch der Begriff „Coach“ ist nicht geschützt. Verbände führen deshalb Prüfkriterien ein
Stefan Kühl, Soziologe
VON JONAS JANSEN
Wer den Fehler macht, einen Coach mit einem Trainer gleichzusetzen, erntet von der Beraterbranche mitleidiges Lächeln, outet sich als Unwissender. Denn anders als beim Fußball bedeuten die Titel dort nicht dasselbe. Trainer sind Experten, die erklären wie man Staubsauger verkauft oder Mitarbeiter motiviert.
Ein Coach kommt ins Spiel, wenn der Staubsaugerverkäufer mit seiner Arbeit nicht zufrieden ist. Genaue Vorgaben, welche Methoden Coachs anwenden, gibt es nicht. Man lerne, eigene Ressourcen zu nutzen und könne die individuellen Stärken und Fähigkeiten klären, heißt es in Angeboten. Die Branche boomt. Nahezu jeder Manager, der sich selbst für eine Top-Führungskraft hält, lässt sich über den Umgang mit seinen Mitarbeitern beraten.
Inzwischen hat sich das Coaching auch auf mittlere Betriebe und Privatpersonen ausgedehnt, berichtet Christopher Rauen, Vorsitzender vom Deutschen Bundesverband Coaching. „Heute werden auch Fachkräfte gecoacht, die keine Führungsposition haben“, sagt er. Das war nicht immer so.
Ursprünglich kommt Coaching aus England, bekannt wurde es vor allem in den 1950er Jahren in den USA: Seinerzeit wurden Mitarbeiter noch wie ein Baseball-Team geführt, der Coach hatte keine Beratungs-, sondern eine leitende Funktion. Doch daraus entwickelte sich nach und nach eine Methode, die auf die Förderung der Stärken, des Selbstbewusstseins der Mitarbeiter setzt. Aufsehen in Deutschland erregte Coaching erst 1986 durch einen Artikel im Manager Magazin, in den folgenden Jahren wuchs das Interesse stark. Heute ist Coaching ein festes Segment der Weiterbildung. Ein Coaching hat laut Rauen eine „90 prozentige Erfolgswahrscheinlichkeit“.
Doch mit zunehmender Nachfrage kamen auch Probleme, denn der Begriff „Coach“ ist nicht geschützt, jeder darf sich so nennen. Scharlatane nutzen die Gutgläubigkeit vieler Kunden aus. „Schlechte Coachs ziehen die Beratung in die Länge, irgendein Problem finden sie immer“, sagt Rauen. Sie drängten Interessenten massiv, teure Verträge zu unterzeichnen und gäben unrealistische Versprechen, was mit Coaching zu erreichen sei.
Zudem häufen sich fragwürdige Methoden, man findet Bachblüten-Coaching, Sado-Maso-Coaching oder Astro- und Hypnosecoachs. „Es gibt schon ein Qualitätsproblem in der Branche“, sagt Rauen. Auf dem Markt drängen sich laut einer Studie der Uni-Marburg etwa 8.000 Coachs, viele waren früher Unternehmensberater oder Sportlehrer, die sich weitergebildet haben. Der Soziologe Stefan Kühl, der sich intensiv mit Coaching auseinandersetzt, sieht das Qualitätsproblem als Folge der fehlenden Qualitätskriterien: „Der Klient empfindet die Beratung schnell als gut, weil er ihr Ziel nicht kennt.“
Die Verbände wollen dem seit einigen Jahren entgegenwirken. „Wir haben Aufnahmekriterien für unsere Mitglieder“, sagt Vivi Dimitriadou vom Deutschen Verband für Coaching und Training. Das kann eine Coachingausbildung von mindestens 150 Stunden sein, als weiteres Qualitätsmerkmal bieten Verbände Zertifikate an, die unabhängige Gutachter erteilen.
Dem Kunden können Zertifikate eine Orientierung geben. Ob ein Berater zu ihm passt, muss er selber entscheiden.