: Anklage trotz Verdienstkreuz
Ein Umwelttechniker aus Gladbeck steht wegen Millionenbetrugs vor Gericht. Der „Verrückte“ soll sich und zahlreiche Anleger in den Ruin getrieben haben
BOCHUM dpa/taz ■ Ein international angesehener Professor (75) für Umwelttechnologien muss sich seit gestern wegen millionenschweren Anlagebetrugs vor dem Bochumer Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte knapp 1.000 Geldanleger getäuscht und dabei einen Schaden von rund 20 Millionen Euro verursacht hat. „Ich gehe davon aus, dass durch Lizenzeinnahmen alle Schulden bis Ende 2006 getilgt sind“, erklärte der Ingenieur und Erfinder zum Prozessauftakt.
Der Angeklagte hatte von Gladbeck aus ein ganzes Firmenimperium geführt. Zuletzt hatte er sich vor allem mit Projekten in Osteuropa beschäftigt. Bis Ende der 90er Jahre sollen die Geschäfte hervorragend gelaufen sein. Danach gab es jedoch immer wieder finanzielle Engpässe. In dieser Situation soll der Professor Anleger mit falschen Versprechen in risikovolle Geschäfte getrieben haben. Laut Anklage versprach er unter anderem eine zehnprozentige Verzinsung und täuschte das Vorhandensein von Landesbürgschaften vor. Alle Anleger sollen Totalverluste erlitten haben.
Der 75-Jährige hatte sich zunächst auf dem Gebiet der Rauchgas-Entschwefelung einen Namen gemacht. Nach eigenen Angaben wurden die ersten Anlagen nach seinem Patent gebaut. Gleichzeitig wurde er durch Erfindungen im Bergbau berühmt. Sein Engagement ist eng mit der staubfreien Kohlegewinnung verbunden. Im Prozess sagte der Angeklagte: „Ich habe dazu beigetragen, dass es keine Silikosekranken mehr gibt.“
Für seine Verdienste wurde er unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Außerdem überreichte ihm Boris Jelzin den Orden der Russischen Föderation für Freundschaft. Der heute in Schermbeck lebende Angeklagte führt zwei Professoren- und drei Doktortitel. „Ich bin ein Verrückter“, sagte er den Richtern. „Ich habe alles, was ich hatte, in Forschung und Entwicklung gesteckt.“ Wie am Rande des Prozesses bekannt wurde, soll mehr als 1.000 Patente angemeldet haben.
Heute befinden sich seine Firmen in der Insolvenz. Er selbst lebt nach eigenen Angaben von knapp 1.300 Euro Rente. Besitztümer will er nicht angehäuft haben. Er habe weder Reitpferde noch eine Yacht, sagte er den Richtern. Demnächst wolle er sich zu den Vorwürfen äußern.