: Neue Chancen für Hoffnungslose
Ein Netzwerk aus Schulen, Unternehmen und der Bundesagentur für Arbeit will Hauptschülern zu Lehrstellen verhelfen – durch frühe Kontaktvermittlung zu Firmen
Für Hauptschulabgänger haben sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Nur ein Fünftel der Absolventen der insgesamt 60 Berliner Hauptschulen bekommt einen Ausbildungsplatz. Der Rest findet sich bestenfalls in einer Fördermaßnahme wieder. Das will das Netzwerk Hauptschule, ein Zusammenschluss von Schulen, Unternehmen und der Bundesagentur für Arbeit, jetzt ändern.
Das Bündnis, das bereits im Dezember die Arbeit aufgenommen hat, will die Anzahl der Schüler verdoppeln, die im Anschluss an die Hauptschule einen Ausbildungsplatz erhalten. Und die Anzahl derer halbieren, die die Hauptschule ohne Abschluss verlassen. Dazu soll irgendwann jede Schule mit einem Partnerunternehmen zusammenarbeiten.
„Es mangelt den Absolventen oftmals noch nicht einmal an der notwendigen Eignung“ sagt Stephan Schwarz, der Präsident der Berliner Handwerkskammer. Vielmehr seien Unternehmen aufgrund von Vorurteilen oftmals nicht gewillt, Hauptschüler einzustellen. Auch fehle es vielen Schülern an Selbstvertrauen. „Wir verschenken hier ein enormes Begabungspotenzial“, meint auch Bildungssenator Klaus Böger (SPD).
Den Kern des Bündnisses bildet eine zentrale Koordinierungsstelle, das von der Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer und der Vereinigung der Unternehmensverbände getragen wird. Gefördert wird das Projekt von der Bundesagentur für Arbeit und dem Senat.
Ob ein Schüler in den Genuss des Programms kommt, entscheidet sich mit dem Übergang von der 8. in die 9. Klasse. Dann soll für jeden Schüler ein individueller Lehrplan erstellt werden. Nur wer als geeignet gilt und auch lernen will, wird an das Partnerunternehmen weiterempfohlen. Die 20 Unternehmen, die sich bislang dem Netzwerk angeschlossen haben, helfen durch Praktikumsplätze, Mentorengespräche und simulierte Einstellungstests. 116 Teilnehmer wurden bereits vermittelt; in 15 Fällen kam ein Ausbildungsverhältnis zustande. „Im kommenden Schuljahr wollen wir die Zahl der Vermittlungen auf 300 steigern“, sagt Handwerkskammerpräsident Schwarz.
Die Berliner Initiative orientiert sich an einem Modell aus Hamburg. 1999 ins Leben gerufen, konnte in der Hansestadt die Anzahl der Hauptschüler, die eine betriebliche Ausbildung begonnen haben, auf 20 Prozent verdoppelt werden. Hauptschüler Gökhan Sönmez, 18, hat bereits jetzt vom Berliner Netzwerk profitiert. Nach 50 erfolglosen Bewerbungen war er nahe dran, entmutigt aufgegeben. Sönmez: „Jetzt wurden mir sogar zwei Ausbildungsplätze angeboten.“
KARSTEN SCHÜLE