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Archiv-Artikel

WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT Konjunktur einer Verschwörung

Seit Mittwoch wird wieder verhandelt. In Bagdad über das Atomprogramm der Ajatollahs in Teheran. Israel dagegen ist als Atommacht im Nahen Osten weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Das könnte sich ändern, sollte das jetzt erschienene Buch der deutsch-argentinischen Journalistin Gaby Weber auf größere Wahrnehmung stoßen. Die Autorin erzählt eine wilde Geschichte von geheimen Atomtests, von der Entführung des Holocaustorganisators Adolf Eichmann, von der Mitarbeit deutscher Konzerne am Atomwaffenprogramm des jungen Staates Israel. Und davon, wie das alles zusammenhing.

Israelische Agenten kidnappen am 11. Mai 1960 den früheren SS-Obersturmbannführer Eichmann, der sich nach Argentinien abgesetzt hatte. Zu dieser Zeit arbeitet Israel intensiv an seinem geheimen Atomprogramm. Eichmann schweigt vor Gericht, macht keine Aussage zu ihm bekannten Größen aus der NS-Zeit, die schon wieder zu Amt und Würden gekommen sind. Weber bettet in ihrem Buch „Eichmann wurde noch gebraucht“ (Das Neue Berlin, 2012) die Entführung in einen geopolitischen Kontext, der zugespitzt darauf hinausläuft: Die Entführung des „Judenreferenten“ sollte vor allem ablenken: von geheimen US-Atomtests in Argentinien und Israels Atomwaffenprogramm, das von Deutschland mitfinanziert wurde.

Steile Thesen, doch zum Teil gestützt auf freigegebene Unterlagen verschiedenster Geheimdienste. Mancher wird reflexartig schimpfen: Verschwörung, Verschwörung. So wie der Geschichtsredakteur Sven Felix Kellerhoff in der Welt vor eineinhalb Wochen. Der Mann ist echt berufen, hat er doch in seinem Buch vor zwei Jahren mit Blick auf die Stasiakten behauptet, dass der Westen komplett unterwandert gewesen sei und die Geschichte der Bundesrepublik bis 1989/90 neu geschrieben gehört.

Vor der Verschwörung ist nach der Verschwörung.

Der Autor ist Redakteur der taz