: Eine Frage von Herz und Nieren
ETHIK Die Bundesregierung hat die Organspende-Reform beschlossen. Versicherte werden nun regelmäßig unverbindlich angeschrieben, ob sie spenden wollen
FRANK-WALTER STEINMEIER, SPD
BERLIN epd/dpa/taz | Krankenversicherungen werden künftig jeden Bürger, der über 16 Jahre alt ist, regelmäßig in Briefen bitten, über eine Organspende nachzudenken. Diese sogenannte Entscheidungslösung hat der Bundestag am Freitag mit großer Mehrheit beschlossen. Einer Änderung des Transplantationsgesetzes stimmte das Parlament ebenfalls zu, allerdings ohne die Stimmen der Linkspartei und der Grünen.
Das Gesetz verpflichtet Krankenhäuser, einen Transplantationsbeauftragten zu bestimmen, der Organentnahmen koordinieren und potenzielle Spender melden soll. Auch Menschen, die zu Lebzeiten etwa einem Angehörigen ein Organ spenden, werden nun bessergestellt. Sie haben künftig Anspruch auf eine sechswöchige Lohnfortzahlung, für die die Krankenkasse des Organempfängers aufkommen muss.
Die Änderungen im Transplantationsgesetz betreffen auch die elektronische Speicherung der Patientenentscheidung zur Organspende – u. a. auf der Gesundheitskarte, die ab 2017 eingeführt werden soll. Besonders diese Neuregelung hatte die Opposition vorab kritisiert.
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FPD) versicherte in der Bundestagsdebatte, der Patient bleibe „Herr seiner Daten“. Die Kassen bekämen keinen Zugriff auf die hochsensiblen Gesundheitsdaten. Auch die ebenfalls kritisierte Weitergabe von nicht anonymisierten Daten zu Forschungszwecken erfolge nur mit Zustimmung der Patienten. Grüne und Linke legten dennoch Änderungsanträge vor, die jedoch abgelehnt wurden.
Umstritten blieb auch der Umgang mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), die die Spenden organisiert. Ihr werden Unregelmäßigkeiten und Selbstherrlichkeit vorgeworfen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), forderte hier „mehr Transparenz“. Der schlechte Ruf der Stiftung drohe die Spendebereitschaft in der Bevölkerung zu verringern. Linke und Grüne verlangten hingegen eine grundsätzliche Reform bei der DSO.
Die breite Mehrheit für eine Aufklärungskampagne zur Organspende nannte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier allerdings ein „eindeutiges Ja zur Mitmenschlichkeit und Solidarität“. Es bestehe kein Recht der Bürger auf Gleichgültigkeit: „Wir wollen tatsächlich den Menschen etwas mehr auf die Pelle rücken“, sagte er.
Derzeit warten rund 12.000 Patienten in Deutschland auf ein Organ, jährlich gibt es aber nur knapp 1.400 Spenden. Pro Tag sterben nach Angaben der DSO drei Menschen, denen ein gespendetes Organ hätte das Leben retten können.
Wenn sich die Befragten nun zur Organspende bereit erklären, können sie wie bisher auf dem Ausweis auch angeben, ob sie bestimmte Organe nicht spenden wollen. Zurzeit besitzen rund 25 Prozent der Deutschen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einen Organspendeausweis. In einer repräsentativen Befragung hätten sich aber 75 Prozent grundsätzlich bereit erklärt, zu spenden. KLU