piwik no script img

Archiv-Artikel

Bravehearts blicken auch auf deutsche Banken

Nach der französischen BNP gilt auch die Royal Bank of Scotland als Kandidat für ein Gegenangebot an die Aktionäre der HypoVereinsbank. Auch wenn es nicht klappt – erfolgreicher als die Deutschen sind die Schotten bereits jetzt

HAMBURG taz ■ Eigentlich scheint die Fusion von Hypovereinsbank (HVB) und der italienischen UniCredito in trockenen Tüchern. Doch am Wochenende machten neue Spekulationen über ein mögliches Gegenangebot die Runde. Nach der französischen BNP in der vergangenen Woche soll es diesmal die Royal Bank of Scotland (RBS) sein, die den HVB-Eignern angeblich bis zu 1,50 Euro pro Aktie mehr bieten will als die Italiener. Das berichtet zumindest der Focus unter Berufung auf Finanzkreise.

Die frühere Provinzbank RBS ist an der Börse mit 75 Milliarden Euro doppelt so viel wert wie die Deutsche Bank. Die Schotten profitieren wie auch die ebenbürtige Londoner HSBC vom britischen Schlaraffenland für Geldgeschäfte: Angeheizt von einer großzügigen, nahezu keynesianisch anmutenden Steigerung der Staatsausgaben und vor dem Überkochen bewahrt von einer strengen Hochzinspolitik der Bank von England, sehen Konjunktur- und Beschäftigungsdaten im EU-Vergleich rosig aus.

Wirtschaftswachstum und hohe Zinsen pusht auch RBS, deren langer Arm auf das europäische Festland und bis nach Deutschland reicht, wo zusammen mit dem Kaffeeröster und -händler Tchibo abkassiert wird.

Die Flut von Konsum- und Immobilienkrediten – Briten schätzen das Schuldenmachen trotz der höchsten Kreditzinsen in der EU – lässt auch die Bilanzkurve der vier Großbanken nach oben steigen, die ihre Claims ohne lästige Konkurrenz von Sparkassen und Genossenschaftsbanken abstecken konnten und sich über einen Marktanteil von 70 Prozent und hohe Profite freuen können.

Am profitabelsten ist RBS. Die Erfolge jenseits und diesseits des Grenzflusses Tweed schufen bei RBS die Basis für eine gezielte Expansionspolitik. Dabei sah sich die RBS, anders als die deutschen Institute, immer als Universalbank, die sich für kleinere Geschäfte nicht zu schade ist und nicht nur auf Aktienmarkt und das Begleiten von Firmenfusionen setzt. 1992 war der Streit zwischen Investmentgurus und Bankern mit Sparkassenmentalität geklärt, der in Frankfurt oder Berlin noch immer zu Grundsatzdiskussionen führt.

Es folgten die rasanten Mittneunziger, als in wenigen Jahren die Finanzwelt nicht allein in Schottland ihre Ruhe verlor, mit Telefonbanking (1994), dem Finanzsupermarkt im Internet (1997) sowie dem Vertrieb über die Handelskette Tesco und dem saloppen Finanzverkäufer Virgin. 2000 stieg RBS dann in die Champions-League auf, als sie die Londoner Großbank National Westminster kaufte, die spektakulärste Übernahme in der britischen Wirtschaftsgeschichte.

Schluss ist jedoch noch längst nicht. „Übernahmen über die Grenzen hinweg sind jetzt in Europa möglich“, freut sich Braveheart Goodwin und hält Ausschau nach Kandidaten – auch wenn es mit der HVB nichts wird.

Unterdessen warnen Verbraucherschützer Kunden der HypoVereinsbank davor, ihren Kredit wegen der geplanten Übernahme durch die italienische UniCredito einfach zu kündigen. Bei einer unüberlegten Kündigung könnten erhebliche Kosten für den Kunden entstehen, teilte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gestern mit. „Wenn keine wichtigen Gründe für den Kunden existieren, nicht mit einer neuen Gläubigerbank konfrontiert zu werden, kann der Kreditvertrag nicht vor Ablauf der Zinsbindung und insbesondere nicht ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden“, erklärte Ulrike Weingand, Juristin bei der Verbraucherzentrale.

Betroffene Kunden sollten sich vor der Beendigung des Darlehensvertrages durch einen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale beraten lassen.

HERMANNUS PFEIFFER