DIE WERBEPAUSE : Verschmolzen auf der Couch
Eine Patientin (Helena Bonham-Carter) betritt die Praxis ihres Therapeuten (Sir Ben Kingsley). Mit Sonnenbrille, Perlenkette, perfekt gestylt in Rot und Lila. Hängt den lila gefärbten Pelz an den Garderobenständer, drapiert sich dramatisch auf die Therapeuten-Chaiselongue und streift langsam ihre Pumps ab. Einen Augenblick lang verweilt die Kamera auf der Sohle des Schuhs – auf dem Prada-Logo.
Sie beginnt zu monologisieren: „Ich liebe meinen Daddy.“ „Gestern Nacht hatte ich einen Traum.“ Mehr Freud geht nicht. Ihr Therapeut schreibt anfangs brav mit, dann schweift sein Blick zu ihrem Mantel. Er steht auf, berührt den Pelz, zieht ihn über, ein intimer Moment mit dem Kleidungsstück, den Pelzkragen halb ums Gesicht geschlungen. Ende. Ein Schriftzug erscheint im Bild: „PRADA SUITS EVERYONE“.
Kunst und Werbung, sie vermischen sich in „A Therapy“, diesem Werbeclip, gedreht von Roman Polanski, den die italienische Modefirma Prada auf den Filmfestspielen in Cannes vorgestellt hat. Zwar mag der Plot vom Psychoanalytiker, der von seinem „Es“ übermannt wird und sich seinen Trieben hingibt, nicht bahnbrechend sein. Doch das Spannende liegt darin, wie die italienische Modedesignerin Miucca Prada die Grenzen von Kunst, Mode und Werbung aufhebt, sie verschmelzen lässt.
Erst im Januar eröffnete sie ein 24-Stunden-Museum in Paris. Miuccia Prada und ihr Mann Patrizio Bertelli haben seit 1993 ein ausgeprägtes Interesse an zeitgenössischer Kunst und gründeten die „PradaMilanoArte“, seit 1995 „Fondazione Prada“. Und wenn man von der ironischen Komponente des Clips absieht, könnte sein Slogan gar zur Forderung taugen, eine vom Modemarkt stets gewünschte strenge Dichotomie aufzuheben – die zwischen Mann und Frau. IPP