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Archiv-Artikel

Unfreiwilliger Genmaisanbau

Saatgutfirma Pioneer liefert gentechnisch kontaminiertes Saatgut an bayerische Landwirte

VON WOLFGANG LÖHR

In Bayern ist erneut gentechnisch verunreinigtes Maissaatgut in den Handel gekommen. Nach Angaben der Behörden sollen 21 Landwirte das verunreinigte Saatgut bereits ausgesät haben. Da es sich bei der unerwünschten Beimischung um die Maislinie MON 810 handelt, die bereits das europäische Zulassungsverfahren durchlaufen hat, haben die Landwirte die Wahl: Sie können ihre Felder nachträglich in das gesetzlich vorgeschriebene Gentech-Register aufnehmen lassen – oder die aufgegangene Saat vernichten.

Betroffen ist die von der norddeutschen Niederlassung des US-Saatgutkonzerns Pioneer Hi-Bred vertriebene konventionelle Maissorte Clarica. Der Saatgutkonzern hat zugesagt, für den Schaden aufzukommen, und rechnet mit einer Belastung von rund 300.000 Euro.

Der Bund Naturschutz (BN) wirft den Behörden vor, viel zu spät reagiert zu haben. „Anfang April schon ist das bayerische Umweltministerium gewarnt worden“, sagt BN-Gentechexpertin Martha Mertens. Die hessischen Behörden hätten die Kontamination bei Routinetests entdeckt und die anderen Bundesländer schon am 1. April unterrichtet. In Hessen und Niedersachsen rief Pioneer die betroffenen Saatgutpartien daraufhin vor der Aussaat zurück. „Uns gegenüber gab das bayerische Umweltministerium damals Entwarnung“, so Mertens. In einem der taz vorliegenden Brief von Anfang Mai versichert Minister Werner Schnappauf (CSU) dem BN, dass „umgehend behördliche Ermittlungen eingeleitet“ worden seien. Ein Landwirt sei betroffen gewesen. „Auch in Bayern wurde das Saatgut vor der Aussaat ausgetauscht“, heißt es.

Anscheinend haben sich die bayerischen Behörden darauf verlassen: Erst als Pioneer die Landwirte Mitte Mai vor der Gentech-Kontamination warnte, führten sie eigene Labortests durch. Zu spät – die Maiskörner waren längst ausgebracht. Bei den Tests wurden Verunreinigungen in einer Größenordnung von um die 0,1 Prozent festgestellt. „Wir haben den Landwirten geraten, die Felder umzupflügen oder abzuspritzen“, erklärt Pioneer-Geschäftsführer Ulrich Schmidt. Die Felder entsprechend dem Gentechnikgesetz registrieren zu lassen, „können wir keinem Landwirt zumuten“: Dazu seien die Haftungsregelungen für gentechnisch produzierende Landwirte zu streng.

Schmidt beklagt sich über die Politik: Während es für Lebensmittel einen Grenzwert (0,9 Prozent) für gentechnische Verunreinigungen gebe, fehle er für Saatgut – deshalb darf als konventionell behandeltes Saatgut gar keine gentechnischen Verunreinigungen enthalten. Schmidt fordert eine „praktikable Lösung“, sprich: einen Grenzwert „oberhalb von 0,1 Prozent“.