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Archiv-Artikel

Briten fürchten „Flying Doctors“ aus Germany

Auf der Insel sorgt man sich um die Gesundheitsversorgung, seit immer mehr deutsche Ärzte als Aushilfen einfliegen

BERLIN taz ■ Sie kommen als Helfer – und sorgen für Aufregung: Seit einem Jahr fliegen immer mehr deutsche Ärzte übers Wochenende nach Großbritannien, um dort für gutes Geld die Schichten britischer Kollegen zu übernehmen. Die deutschen Mediziner füllen eine Versorgungslücke im britischen Gesundheitssystem. Denn dort sind Allgemeinmediziner nicht mehr zu Nacht- und Wochenenddiensten verpflichtet – und nutzen diesen Freiraum. Doch über den Einsatz der „Flying Doctors“ aus Germany sind die einheimischen Kollegen auch nicht begeistert. Ihre Befürchtung: Die Deutschen werden den hohen Anforderungen des britischen Gesundheitssystems nicht gerecht.

Deutsche Ärzte, ein Gesundheitsrisiko für die Briten? Der Tageszeitung Guardian war die Diskussion um die „Flying Doctors“ vor einigen Tagen sogar die Seite-eins-Schlagzeile wert.

Die Kritiker der Auslandsärzte warnen unter anderem, sprachliche Barrieren könnten zu Problemen bei der Behandlung führen. Im Notdienst müsse der behandelnde Arzt auch einen Verwundeten mit starkem Dialekt verstehen. Außerdem hätten deutsche Allgemeinärzte in ihrer Ausbildung zu wenig über Fachgebiete wie Kinderheilkunde gelernt.

Die Organisatoren der medizinischen Auslandseinsätze halten die Vorwürfe für ungerechtfertigt. „Gerade deutsche Ärzte werden wegen ihrer überdurchschnittlich guten Englischkenntnisse geschätzt“, sagt Ulrike von Aswegen, die beim britischen Generalkonsulat in Düsseldorf Ärzte für das britische Gesundheitssystem rekrutiert. Das hätten ihr die Träger der medizinischen Versorgung in Großbritannien bestätigt. Auch an der fachlichen Qualifikation hätten die Träger nichts auszusetzen.

Burkhard Sonntag hat lange als Arzt in England gearbeitet und besetzt nun Notdienste auf der Insel. Bisher habe sich noch kein Patient über seine Arbeit beschwert, versichert er: „Selbst als ich sprachliche Probleme hatte, waren sie sehr fair.“ Sonntag hält die Kritik der Ärzte für Sozialneid. „Die waren froh, dass sie die Wochenend- und Feiertagsdienste los waren“, sagt er. Die ausländischen Ärzte habe man aber nur mit einer für britische Verhältnisse überdurchschnittlichen Bezahlung anlocken können. „Da ist den englischen Ärzten aufgegangen, dass sie für das Geld auch arbeiten würden.“

Wegen der Wochenend- und Nachtzuschläge kann ein deutscher Arzt nach einem Wochenendeinsatz auf der Insel mit bis zu 3.500 Euro Lohn wieder nach Hause fliegen. Wie viele Mediziner sich inzwischen auf diese Weise ein Zubrot verdienen, weiß man im britischen Konsulat nicht genau – weil keiner die Aushilfen zentral erfasst.

Wolfgang Wannoff vermittelt für die Firma PM-Recruitment deutsche Ärzte nach Großbritannien. Zwar versichert auch er, die Deutschen seien optimal für den Einsatz ausgebildet. Dennoch plant seine Agentur nun, spezielle Vorbereitungskurse für die Austausch-Ärzte anzubieten – allerdings mit anderem Fokus: „Wenn es Probleme gibt“, so Wannoff, „dann vor allem mit den Umgangsformen und der Bürokratie.“ SOLVEIG WRIGHT