OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Das eindeutig sexuelle Thema des Märchens von Rotkäppchen und dem bösen Wolf stellen die britische Schriftstellerin Angela Carter und der irische Regisseur Neil Jordan in ihrem Film „The Company of Wolves“ in den Mittelpunkt: Die pubertierende Rosaleen (Sarah Patterson) träumt sich in eine faszinierende Fantasiewelt – halb kindliches Märchenland, halb Gainsborough-Gemälde; eine reine Studiokulisse, geschaffen vom Production Designer Anton Furst („Batman“) – hinein, in der ihr die Großmutter (Angela Lansbury) eine Reihe von Horrorgeschichten über den Wolf im Manne erzählt. Doch die neugierige Rosaleen kommt gar nicht so ungern vom Pfad (der Tugend) ab, und schließlich bewahrheitet sich, was ihr die Mutter einmal mit auf den Weg gibt: Wenn es etwas Wildes im Mann gibt, dann findet es seine Entsprechung in der Frau. Neben Sigmund Freud ebenfalls dabei: Terence Stamp in einem wunderbaren Kurzauftritt als Teufel, der im Wald mit einem weißen Rolls-Royce vorfährt, sowie die Künstlerin und Musikerin Danielle Dax als Wolfsmädchen.
Ein Comeback feiert zurzeit die mittlerweile knapp 81-jährige Eva Marie Saint: In Wim Wenders jüngstem Amerika-Epos „Don’t Come Knocking“ spielt sie mit viel Charme und Witz die Mutter von Sam Shepard, und auch als Mama von Superman wird sie demnächst in Erscheinung treten. Einen ihrer schönsten Auftritte in einem (gerade noch) klassischen Hollywood-Film hatte Eva Marie Saint in Alfred Hitchcocks Comedy-Thriller „Der unsichtbare Dritte“ (1959), wo sie als eisblonde und kühle Agentin Eve Kendall dem durchaus nicht ganz unwilligen Cary Grant an die Wäsche geht: eine starke und – fast bis zuletzt – reichlich undurchsichtige Frau, mit der Grant, der hier den Werbefachmann Roger Thornhill mimt, so einige Probleme hat. Doch das sind eigentlich noch die kleineren Schwierigkeiten, in denen Roger steckt: Er soll ermordet werden, weil man ihn für einen – tatsächlich gar nicht existierenden – Spion hält.
Lebens- und sinnenfroh geht es zu in Kenneth Branaghs Verfilmung von William Shakespeares „Much Ado About Nothing“ (Viel Lärm um nichts), einer flotten Geschlechterkomödie, für die sich der nordirische Regisseur und Schauspieler 1992 in die sommerliche Toskana begab. In der sonnigen italienischen Landschaft wird derart übermütig gehupft, getanzt und gespöttelt, dass Branagh selbst die Kamera allerlei Kapriolen schlagen lässt. Die Handlung kreist um die verschiedenen Missverständnisse zwischen dem jugendlichen Liebespaar Hero und Claudio, die einen geschworenen Feind in dem finsteren Don Juan (Keanu Reeves) gefunden haben – einem jener klassischen Shakespeare-Schurken, die sich – zumindest dem Publikum gegenüber – stets ganz offen und aufrecht zu ihren Intrigen bekennen. Kommentiert werden die Ereignisse von der komischen „Liebesgeschichte“ zwischen Heros Cousine Beatrice (Emma Thompson) und Benedict (Kenneth Branagh), die sich das Leben gegenseitig mit sarkastischen Wortgefechten versauern und doch nicht voneinander lassen können. Lars Penning