: Gerechtigkeit für „Mississippi Burning“
Genau 41 Jahre nach der Ermordung dreier Bürgerrechtler im US-Bundesstaat Mississippi durch Mitglieder des Ku-Klux-Klans wird erstmals ein Täter wegen Totschlags verurteilt. Er ist 80 Jahre alt und schwerbehindert. Nun drohen ihm 20 Jahre Haft
AUS WASHINGTONMICHAEL STRECK
Ein besonders düsteres Kapitel in der Geschichte des US-amerikanischen Rassismus ist endlich abgeschlossen. Auf den Tag genau 41 Jahre nach dem berüchtigten Mord an drei jungen Bürgerrechtlern im US-Bundesstaat Mississippi ist ein früherer Rädelsführer des Ku-Klux-Klans wegen der Bluttat am Dienstag verurteilt worden. Die zwölf Geschworenen in der Kleinstadt Philadelphia erklärten den heute 80-jährigen Edgar Ray Killen des dreifachen Totschlags für schuldig. Ihm drohen nun bis zu 20 Jahre Haft.
Die Jury fällte ihr Urteil nach nur eintägigen Beratungen. Killen, ein Sägewerksbetreiber und Laienprediger, nahm es ohne größere Regung zur Kenntnis. Er saß in einem Rollstuhl und war an ein Atemgerät angeschlossen. Im Verlauf des Prozesses, der nur eine Woche dauerte, war der Angeklagte vorübergehend wegen Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Prozessbeginn war ursprünglich auf Januar angesetzt, doch Killen hatte sich zuvor beim Holzfällen beide Beine gebrochen.
Bürgerrechtler und Angehörige der Ermordeten begrüßten das Urteil. Sie hoffen, dass somit die juristische Aufarbeitung anderer rassistisch motivierter Bluttaten aus jener Zeit forciert werde. Rita Bender, die Witwe des damals ermordeten Bürgerrechtlers Michael Schwender, kritisierte jedoch, dass Killen nur wegen Totschlags und nicht wegen Mordes verurteilt wurde. Dies zeige, dass es immer noch Menschen gebe, „die lieber weggucken“.
Die Staatsanwaltschaft hatte während des Verfahrens den Angeklagten als Drahtzieher hinter dem Dreifachmord vom 21. Juni 1964 porträtiert. Die Verteidigung argumentierte, dass es keine Beweise für Killens Anwesenheit am Tatort gebe. Killen hatte vier Jahrzehnte lang unbehelligt auf seiner Farm gelebt. Dass der Fall wieder aufgenommen wurde, ist dem beharrlichen Druck von Bürgerrechtsgruppen zu verdanken. Zudem engagierten sich zwei neue zuständige Bezirksrichter und der Staatsanwalt persönlich. Sie folgen damit einem Trend in den USA, längst abgeschlossene, jedoch zweifelhafte Prozesse wieder zu eröffnen. Seit 1989 wurden insgesamt 27 Mordfälle an Bürgerrechtlern neu aufgerollt, fünf davon allein in Mississippi.
Erleichtert wurden die Ermittlungen durch die belastenden Aussagen eines anderen Ku-Klux-Klan-Mitgliedes. Im ersten Verfahren um den Mord war Killen noch ungeschoren davongekommen, da die ausschließlich aus Weißen bestehende Jury sich nicht einigen konnte.
Die drei Bürgerrechtler, ein Schwarzer und zwei Weiße im Alter zwischen 20 und 24 Jahren, halfen 1964 bei der Registrierung schwarzer Wähler in Mississippi. Als sie den Brand in einer von Schwarzen besuchten Kirche untersuchen wollten, wurden sie wegen angeblicher Raserei am Steuer vom örtlichen Sheriff stundenlang festgehalten. Killen soll währenddessen eine Gruppe von Ku-Klux-Klan-Männern zusammengetrommelt haben, die später auf einer Landstraße den drei Männern auflauerten, bevor sie zusammengeschlagen und erschossen wurden.
Ihre Leichen entdeckten FBI-Beamte sechs Wochen später in einem Erdwall. Der Fund löste einen landesweiten Aufruhr aus und entwickelte sich zu einem Kristallisationsmoment für die Bürgerrechtsbewegung. Es folgten mehrere Festnahmen, 18 Klan-Männern wurde der Prozess gemacht, sieben später verurteilt, allerdings nur wegen Verabredung zu einer Straftat. Keiner von ihnen saß länger als sechs Jahre ein. Die Geschichte wurde 1988 im Film „Mississippi Burning“ von Alan Parker verarbeitet. Killen ist nun der erste Verurteilte in diesem Fall.