: Gauck hinterlässt allseits zufriedene Mienen
ISRAEL/PALÄSTINA Zum Abschluss seines viertägigen Besuchs kommt Bundespräsident Gauck in Ramallah mit Abbas zusammen. Die Palästinenser setzen auf eine aktivere Rolle der EU und Deutschlands
HANAN ASCHRAWI, PLO
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Palästinensische Sicherheitsbeamte arrangierten auf dem Gelände der Muqataa, dem Sitz von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah, gerade 80 Särge mit den sterblichen Überresten palästinensischer „Märtyrer“, als Bundespräsident Joachim Gauck den Nationalhymnen lauschte. Israel hatte die Überreste nach Jahrzehnten der Verhandlung gestern „als Zeichen des guten Willens“ übergeben. Sie waren zum Teil seit Jahrzehnten in Nummerngräbern gelegen. Gauck erklärte nach dem Treffen, er habe Abbas „ausdrücklich ermutigt, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen“. Deutschland bekenne sich nachdrücklich zur Zweistaatenlösung und „unterstützt die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates“, sagte Gauck.
Am Morgen hatte er in dem Dorf Burin bei Nablus eine mit deutschen Geldern finanzierte Mädchenschule eröffnet. „Bildung und Sicherheit sind für uns zentrale Elemente“, sagte der Bundespräsident. Diese seien unverzichtbar beim Aufbau eines Staates. Jede Lösung müsse beide Seiten, Israel und die Palästinenser, berücksichtigen. Mit 70 Millionen Euro unterstützt die Bundesrepublik jährlich den Aufbau der Autonomiegebiete.
Auf israelischer Seite hatte Gauck bei seinem Antrittsbesuch in den vergangenen Tagen durchaus Anerkennung und Lob erfahren. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu räumte dem Bundespräsidenten bei dem Gespräch am Mittwoch sogar eine Stunde mehr ein, als zuvor geplant war.
Joachim Gauck nutzte seinen Antrittsbesuch bei den israelischen Politikern vor allem dazu, sich persönlich einen Eindruck zu verschaffen, Fragen zu stellen und zu lernen. Von nur „geringfügigen Distanzen“ sprach er im Anschluss an das Treffen mit Netanjahu, obschon er im Verlauf seiner Reise wiederholt die Zweistaatenlösung hochhielt und zu „Zeichen beim Siedlungsbau“ aufforderte. Schon im Vorfeld seiner Reise hatte er in Interviews erklärt, in der Frage der israelischen Siedlungspolitik die Haltung der Bundesregierung und der EU zu teilen. Keine Beachtung fand in der israelischen Presse die in deutschen Medien beachtete und diskutierte „Distanzierung“ von Kanzlerin Angela Merkel, die in einer Rede vor vier Jahren erklärt hatte, das Existenzrecht Israels sei deutsche Staatsräson. Gauck selbst bezeichnete die Sicherheit und das Existenzrecht Israel lediglich als „für die deutsche Politik bestimmend“. Differenzen mit der Position der Kanzlerin stritt er später ab.
Für die Palästinenser ist der Baustopp israelischer Siedlungen unverändert Voraussetzung für Wiederaufnahme des Dialogs. Daran ändert die der Freigabe der toten „Märtyrer“ nichts. „Die Beharrlichkeit der israelischen Politik, den Siedlungsbau fortzusetzen“, meinte der Palästinenserpräsident, sei das größte Hindernis im Friedensprozess.
Solange die USA mit den Wahlen beschäftigt seien, setze die PLO, die offiziell die Verhandlungen mit Israel führt, ihre ganze Hoffnung auf eine aktivere Rolle der EU, in der Deutschland eine zentrale Rolle spielt. „Gauck sprach in seiner Antrittsrede von Menschenrechten, von Freiheit, Gerechtigkeit und Würde“, erinnerte die Abgeordnete Hanan Aschrawi, Mitglied im PLO-Exekutivrat. „Das sind Begriffe, die wir Palästinenser verstehen“, sagt sie. „Dafür kämpfen wir.“
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