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Archiv-Artikel

Jugend darf weiter träumen

Die U 20-Nationalmannschaft trifft heute Abend im WM-Viertelfinale auf Brasilien. Mit dabei: Der Mönchengladbacher Marcel Jansen und Marvin Matip, noch VfL Bochum, bald 1.FC Köln

„Wir wollen Weltmeister werden. Ja, das wäre es eigentlich schon“

AUS TILBURGROLAND LEROI

Marvin Matip sah aus wie ein kleiner Lausbub, der den Großen gerade einen Streich gespielt hatte und dabei erwischt wurde. Die Hände in den Taschen, ständig mit den Schultern zuckend und verlegen grinsend sprach der Nachwuchs-Fußballer von den Zielen seiner Mannschaft. „Wir wollen Weltmeister werden. Ja, das wäre es eigentlich schon“, sagte Matip. Mit seinem späten Treffer (89. Minute) zum 3:2-Sieg im Achtelfinale über China ebnete der Innenverteidiger, der zur nächsten Saison vom VfL Bochum zum 1. FC Köln wechselt, dem DFB-Team den Einzug ins Viertelfinale der U 20-Weltmeisterschaft in den Niederlanden. Gegner wird heute Abend in Tilburg (20.30 Uhr) der ewige Topfavorit Brasilien sein.

Michael Skibbe schnalzt bei dieser Aussicht mit der Zunge. Ein Traumspiel sei es, sich mit Brasilien messen zu dürfen, „und ein Karrierehöhepunkt für die Spieler und auch für mich“, meint der DFB-Trainer, der 2002 als Assistent von Rudi Völler bei der A-Weltmeisterschaft in Japan im Finale an Brasilien scheiterte. Gedanken an eine späte Revanche will Skibbe nicht aufkommen lassen. Es sei ja diesmal ein anderer Wettbewerb, dennoch möchte er den bisherigen Erfolg zementiert wissen. Zum ersten Mal nach 1987 erreichte eine deutsche U 20 wieder ein WM-Viertelfinale. Dass sein Team sehr ersatzgeschwächt antritt und unter anderem auf den zur A-Nationalelf abgestellten Lukas Podolski verzichtet, erwähnt Skibbe nur noch nebenbei.

Schließlich habe seine Mannschaft, die er nach mäßigen Gruppenspielen noch heftig kritisierte, gegen China endlich „den Stock aus dem Hintern genommen“ und beherzt nach vorne gespielt. „Wir wussten, dass wir zuvor nicht überzeugten, konnten uns aber steigern“, sagt Marcell Jansen. Der Senkrechtstarter von Borussia Mönchengladbach. In der abgelaufenen Saison bestritt er 18 Bundesliga-Partien, zudem erarbeitete er sich mittlerweile im U-20-Nationalteam den Rang eines Führungsspielers. Dennoch bleibt er bescheiden: Nicht eine Sekunde habe er ernsthaft in Erwägung gezogen, für das A-Team zum Confederations Cup nachnominiert zu werden. Auch nicht, als Jürgen Klinsmann einige „Linksfüße“ ausfielen und Jansens Position vakant wurde. „Ich bin jetzt seit drei Wochen in Holland und will Weltmeister werden. Das gebe ich nicht einfach auf“, sagt Jansen, dessen nächstes Ziel es ist, bei Borussia Stammplatz und Leistung zu bestätigen.

Der deutsche Nachwuchs wies zwar auch gegen China Defizite auf, präsentierte sich aber als homogene Einheit. „Wir haben uns vor dem Match ohne Trainer zusammengesetzt und als Mannschaft unsere Ziele durchgesprochen“, meint Jansen. Danach sei es ganz leicht gewesen sei, den Schalter umzulegen. „In den k.o.-Spielen geht es immer bei 0:0 los. Mit einer mutigen Leistung können wir auch Brasilien schlagen. Es gibt doch nichts Schöneres“, spricht der 19-Jährige von „einer Siegermentalität, die wir jetzt drauf haben.“ Skibbe freut das, denn eine diesbezügliche Skepsis war angebracht. Manche Vereine nehmen es ungern hin, dass ihre Talente den Sommerurlaub mit einer WM „vertrödeln“, wünschen sich eine schnelle Heimreise und üben dementsprechend Einfluss auf die Spieler aus.

Man mag es dem deutschen Nachwuchs allerdings nicht so recht zutrauen, dass er auch das Viertelfinale übersteht. Brasilien kommt als Übermacht und mit dem Anspruch, Weltmeister zu werden, daher. Deren Trainer Rene Weber hat allerdings was für seinen nächsten Kontrahenten übrig. Sein Ur-Großvater stammt aus dem Elsass, „in meinem Elternhaus wurde deutsch gesprochen“, sagt Weber, der auf die „lange Tradition großer deutscher Fußballer“ hinweist. Matip und Jansen könnten diese Ahnenreihe erweitern.