: Schwitzen gegen Studiengebühren
8.000 Studierende protestieren bei der landesweiten Demo in Essen gegen die Gebührenpläne des neuen Ministerpräsidenten. In Bonn nimmt die Polizei bei einer Sitzblockade elf Demonstranten fest
AUS ESSEN JÖRN-JAKOB SURKEMPER, AUS BONN MARTIN OCHMANN
Bei sengender Hitze herrschte fast so etwas wie Festivalatmosphäre auf der Campuswiese. Rund 8.000 Schüler und Studierende kamen gestern in der Uni Essen zusammen, um gegen die Gebührenpläne der neuen schwarz-gelben Landesregierung zu protestieren. Mit Trillerpfeifen und „Bildung für alle und zwar umsonst“-Rufen zogen die schwitzenden Demonstranten durch die Innenstadt zum Marktplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Zu der Veranstaltung unter dem Motto „Gegen Studiengebühren, Bildungs-und Sozialabbau“ hatten neben den Studierendenorganisationen auch verschiedene Gewerkschaften aufgerufen.
„Ich protestiere hier, weil ich mir Studiengebühren nicht leisten könnte und mein Studium abbrechen müsste“, erklärt eine Studentin. Auf ihrem T-Shirt frisst ein Pacman die Bildung buchstäblich auf. Ein Lehramtsstudent erzählt, er habe von vielen Freunden gehört, dass sie sich das mit dem Studium nun nochmal überlegen müssten: „Dass man in Deutschland einerseits über Fachkräftemängel klagt, andererseits aber Studiengebühren eingeführt werden sollen, passt nicht zusammen“, meint er.
Sascha Vogt vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) sprach angesichts der vielfältigen Proteste von einem „denkbar schlechten Start“ für Schwarz-Gelb in Düsseldorf. „Diese Landesregierung hat es schon nach einem Tag geschafft, den Widerstand großer Bevölkerungsteile auf sich zu ziehen“, spielte Vogt auch auf die Bergleute an, deren Subventionen unter dem CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers gekürzt werden sollen. Kay Reif vom Landes-AStentreffen, dem Dachverband der nordrhein-westfälischen Studierendenvertretungen, hofft, dass die Proteste in den nächsten Wochen noch zunehmen.
Zu Festnahmen kam es bei der Demonstration gegen Studiengebühren am Mittwochabend in Bonn. Während der Abschlusskundgebung auf dem Hofgarten, an der nach AStA-Schätzungen 3.000, nach Polizeischätzungen rund 1.800 Demonstranten teilnahmen, hatte eine Gruppe von etwa 200 Studierenden eine Sitzblockade auf dem Martinsplatz errichtet. Nachdem die Blockade trotz mehrmaliger Aufforderung nicht beendet worden sei, habe die Polizei den Platz gewaltsam geräumt, so Polizeisprecher Markus Tölle. Elf Personen seien dabei verhaftet und ihre Personalien festgestellt worden.
Mittlerweile sind alle wieder auf freiem Fuß, heißt es beim AStA. Die Studierendenvertretung wirft der Polizei übertriebene Gewaltanwendung vor. „Die Polizei hat eine friedliche Sitzblockade mit völlig unverhältnismäßigen Mitteln aufgelöst“, kritisiert Bartosz Bzowski, Referent für Hochschulpolitik. Er selbst habe gesehen, dass die Beamten die Demonstranten teilweise brutal an der Kleidung gepackt und in die Einsatzwagen gezerrt hätten.