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Archiv-Artikel

Münchner Mestizen

Blöder Name, gute Musik: Les Babacools hören sich an, als kämen sie aus Barcelona, sind aber aus Laim. Auch auf ihrem neuen Album verbindet die zehnköpfige Band Reggae, Salsa, HipHop und Rock

VON JAY RUTLEDGE

Der Stadtteil Laim gehört nicht gerade zu den spektakulärsten Vierteln Münchens. Laim ist fast schon öde Vorstadt, dominiert von tristen Fünfzigerjahre-Bauten. Einzig der Hirschgarten, einer von Münchens schönsten Biergärten, liegt gleich um die Ecke. Frühstücksbrötchen kann man sich in einer kleinen Bäckerei in der Straße besorgen. Croissants sucht man dort allerdings vergeblich: Wer Hunger hat, holt sich eine Wurstsemmel. Hier leben zwei der Babacools: der Gitarrist Tobi Schmidt und MC Andreas Leske, besser bekannt als Caramelo. Eine Band wie die Babacools mit ihrer Mischung aus HipHop, Reggae und Latin-Sounds würde man eher in einer Stadt wie Barcelona oder Los Angeles vermuten als in München. Doch in den Clubs zwischen Süddeutschland, Österreich und der Schweiz ist die zehnköpfige Kapelle schon seit knapp zehn Jahren eine feste Größe.

In Laim liegt auch das Backstage, bis heute ein zentraler Ort in der Münchner Reggae- und HipHop-Szene und auch der Club, in dem die Babacools groß geworden sind. Als Schülerband schlugen sie zunächst den Weg vieler Bands aus dem Münchner Umland ein, indem sie den alljährlichen Bandwettbewerb im Feierwerk beteiligten – und gewannen. Andreas Leske alias Caramelo war damals noch bei der Münchner HipHop-Kapelle Blumentopf, schuf aber damals schon Ragga-Tracks auf Spanisch. Bei einem Jam im Backstage stieg er dann mit seinem Kollegen Lobstarr zu den Babacools auf die Bühne, weil D-Flame, der damalige MC ihrer Wahl, verhindert war. „Wir haben die Leute dann angeheizt“, erzählt Caramelo, „Er auf Englisch, ich auf Spanisch. Wir waren gut eingespielt.“ Heute sind beide feste Mitglieder der Babacools.

Stilistisch waren die Babacools schon immer schwer einzuordnen. Auf ihrem neuen Album „Mundo Stereo“, das erstmals nicht im Eigenverlag erscheint, stehen spanische Reggaenummern wie das Eröffnungsstück „Fire“ neben Salsa-HipHop-Tracks wie „Guerra“. Mittendrin schlägt mit „Mateca“ plötzlich ein Hardrocktrack dazwischen, und am Ende geht es bei Soulnummern wie „Politicians games“ fast poppig zu. Kein Wunder, dass die meisten Plattenfirmen mit ihrem Stilmix lange nichts anfangen konnten. „Diese ganzen Plattenbosse, die was zu sagen haben, sind einfach feige“, fasst Caramelo seine Erfahrungen mit der Plattenindustrie zusammen. „Die schauen immer nur danach, was im Ausland passiert oder was alle anderen machen. Erst jetzt, mit dem Erfolg von Manu Chao und anderen Mestizo-Bands, trauen sie sich was.“

So brachten Les Babacools ihr letztes Album „Companeros 36“ noch im Eigenverlag heraus – das Album ist nach der Hausnummer ihres Studios benannt, in dem nicht nur die Babacools, sondern auch viele andere befreundete Musiker ein- und ausgehen. Inzwischen sind sie jedoch froh, mit SPV eine richtige Plattenfirma gefunden zu haben, weil die ihre Alben auch über Deutschland hinaus vertreibt. Denn, so Gitarrist Tobi: „Unsere Musik ist nicht nur für Deutschland gemacht. Wir hoffen, auch in Italien, Frankreich und Spanien Fuss fassen zu können.“

In erster Linie sind die Babacools, zu denen drei Bläser und drei MCs gehören, eine Liveband; ungefähr 120 Konzerte werden sie in diesem Jahr wohl spielen. „Einige Leute sind manchmal fast enttäuscht, wenn ich auf der Bühne ganz normal deutsch rede“, hat Caramelo allerdings beobachtet. „Manche denken offenbar, dass man so eine Musik nur machen darf, wenn man aus dem gleichen Land kommt, aus dem die Musik stammt.“ Doch den Babacools muss es nicht peinlich sein, dass sie nicht aus Barcelona oder Los Angeles stammen. Sie zeigen: Auch Laim kann rocken.

Les Babacools: „Mundo Stereo“ (SMV)