piwik no script img

berliner szenenHaltepunkt für die Gedanken

Neben ihm finde ich einmal einen roten Regenschirm, ein anderes Mal ein geparktes Fahrrad. Mal ist ein Mensch bei ihm, der Push-ups macht. Ich tanze eines Tages zu der Musik in meinen Kopfhörern, mit ihm als einzigem Zuschauer. Er beschwert sich nie.

Er steht auf einem Plateau auf dem „Berg“ in der Hasenheide. Er heißt Klaus. Er ist ein Stein, auf den jemand mit gelber Farbe „Klaus“ gesprüht hat. „Ein Stein namens Klaus“ sage ich mir immer, wenn ich auf dem Weg zum Gipfel an ihm vorbeilaufe.

Ob Klaus der Name eines ehemaligen Bewohners dieser versteckten Ecke ist? Oder ob der Stein ein inoffizieller Grabstein ist?

Hat eine Person, die in einen Klaus verliebt war, eine Erinnerung an das Gefühl verewigen wollen? Wollte ein Klaus damit markieren, dass der Stein zu ihm gehört? Oder hatte jemand noch aus anderen Gründen einfach die Idee, „Klaus“ auf einem Stein zu schreiben?

Ich mag es, mir diese und andere Fragen über ihn zu stellen. Da ich mich weder bei ihm noch bei irgend jemandem erkundigen kann, weiß ich, dass ich nie Antworten bekommen werde und diese frei für mich erfinden kann.

Außerdem mag ich, ihn zu sehen und zu wissen, dass er immer da ist. Es gefällt mir, auch zu erleben, wie Klaus sich verändert, je nach Wetter oder Jahreszeit: nass und dunkel, trocken und hell, fast grün (wie ein Schildkrötenpanzer), umgeben von Blumen, von Vögelchen besucht, von Schnee bedeckt.

Und vor allem mit den Gedanken bei ihm zu bleiben, beruhigt mich: Es ist meditativ, an einen Stein zu denken. Dann besuche ich andere Stationen meiner Laufstrecke in der Hasenheide (den Teich mit seinen Schwänen und Enten, die Eichhörnchen, den versteckten Rhododendrongarten, die FKK-Wiese) und laufe entspannt und happy zurück nach Hause.

Luciana Ferrando

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen