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Archiv-Artikel

Rechte knabbern am linken Rand

Ein NPD-Funktionär ruft dazu auf, die WASG mit fremdenfeindlichen Themen zu unterwandern, um das Linksbündnis zu diskreditieren. Die Rechtsextremisten haben Angst, Protestwähler an die Linkspartei zu verlieren. Die WASG bleibt gelassen

AUS BERLIN KAI BIERMANN

Die NPD hat Angst vor der Konkurrenz von links. Mit allen Mitteln scheint sie gegen das Bündnis aus PDS und WASG kämpfen zu wollen, aus Sorge, es könne ihr Wähler abspenstig machen. Zumindest hat der NPD-Funktionär Thomas Wulff im Internet einen Aufruf veröffentlicht, die WASG zu unterwandern. Sein Ziel: das Linksbündnis sprengen. In der NPD will man offiziell nichts damit zu tun haben, traurig darüber ist man jedoch auch nicht.

Wulff hat in Norddeutschland Einfluss in der Szene. Seit 2004 ist der Kameradschaftsführer Mitglied der NPD und sitzt auch im Parteivorstand. Er soll im Wahlkampf parteiunabhängige Neonazis mobilisieren.

Der auf der Internetseite eines rechten Bündnisses aus Mecklenburg-Vorpommern veröffentlichte Text trägt die Überschrift: „Nationale Sozialisten hinein in die WASG“. Es heißt darin, mit der WASG seien der nationalen Opposition „weitere Tore geöffnet worden“. Wulff ruft dazu auf, dass Rechtsradikale undercover zu WASG-Versammlungen gehen und dort Themen der „nationalen Politik“ einbringen. Er behauptete, dass dies bereits geschehe: „Geht jetzt noch stärker rein in diese WASG-Gruppen. Ihr werdet merken, viele von denen denken so wie wir.“

In der WASG kennt man den Aufruf seit zwei Tagen. Allzu beunruhigt, er könnte verwirklicht werden, gibt man sich nicht. Frank Wiese, Vorsitzender des betroffenen Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, sagte der taz, bisher seien keine Rechtsradikalen aufgefallen. In einem internen Rundbrief appellierte Wiese an seine Mitglieder, keine Hexenjagd zu starten: „Ich möchte eindringlich davor warnen, innerhalb der Partei mit Verdächtigungen und U-Boot-Fahndungen zu beginnen. Schieben wir diese Paranoia, werden wir uns selbst zerlegen.“

Offensichtlich begreift man den rechten Text trotzdem als Bedrohung. „Es ist Teil einer Kampagne, die WASG in der Öffentlichkeit zu diskreditieren“, sagte Wiese. Daran habe die NPD bestimmt ein Interesse, schließlich ziele man „auf Protestwähler“ und werde „in gewisser Weise der NPD das Wasser abgraben“. Das scheint zurzeit vor allem WASG-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine mit populistischen Äußerungen zu versuchen. Er hat offensichtlich Erfolg damit.

„Herr Lafontaine agiert momentan ganz geschickt, indem er sich zum Beispiel auch gegen den EU-Beitritt der Türkei ausspricht“, sagte NPD-Sprecher Klaus Beier auf die Frage, ob man Angst vor der neuen Linkspartei habe. Parteichef Frank Schwerdt dagegen weist eine solche Besorgnis von sich. Die Linkspartei sei keine Konkurrenz zur NPD, sagte Schwerdt der taz. „Angst haben wir bisher nicht gehabt.“ Den Wulff’schen Text will er auch nicht gekannt haben. Dies sei kein offizieller Aufruf der NPD, es gebe auch keinen entsprechenden Beschluss, ergänzte Beier. Doch „wir sehen ihn mit Wohlwollen“.

Möglicherweise wusste man davon und hat ihn gebilligt. Doch selbst wenn er tatsächlich von der NPD ausging und ernst gemeint war, muss sich die WASG wohl nicht fürchten. Die NPD-Mitglieder haben augenscheinlich keine Lust auf Diskussionen mit den Linken. Oder, wie es ein „Kamerad“ in einem Internetforum schrieb: „Erst die Volksfront und nun ein Aufruf eines NPDler, die WASG zu ‚unterwandern‘, sind die bekloppt?“