piwik no script img

Archiv-Artikel

Ausdauernder Kulturaustausch

STADTTEIL-KULTUR Zum dritten Mal verwandelt das Festival „48h Wilhelmsburg“ die ganze Elbinsel drei Tage lang in eine riesige Bühne für die Musik aus dem Stadtteil

Schon im Alten Elbtunnel gibt es einen musikalischen Willkommensgruß

VON ROBERT MATTHIES

Nicht allein an der Tatsache, dass trotz fiesesten Wetters nebst Platzregen letztes Jahr immerhin über 5.000 Menschen den Musikmarathon „48h Wilhelmsburg“ auf der Insel zwischen den Elbarmen besucht haben, lässt sich der Erfolg des vor zwei Jahren vom Netzwerk Musik von den Elbinseln initiierten Stadtteil-Kultur-Festivals ablesen.

Denn noch wichtiger, als dem Rest der Stadt ein Wochenende lang all die musikalische Vielfalt Wilhelmsburgs und der Veddel gebündelt zu präsentieren, ist das Knüpfen des lokalen Netzwerks und ein nachhaltiges musikalisches Community Building. Vor allem sollen sich die Elbinsel-Bewohner_innen selbst kennenlernen, keine Plattform für längst Etabliertes will man sein, sondern den ganzen Stadtteil aktivieren und ein Beispiel für gelungene demokratische Einbindung geben.

Vorbild ist das dezentrale Kultur- und Kunstfestival „48 Stunden Neukölln“, das – 1999 entstanden als Protest gegen massive Kürzungen im Kulturbereich – heute eines der größten seiner Art ist: An den über 550 Veranstaltungen an 330 Orten war letztes Jahr fast jeder hundertste Neuköllner beteiligt, hat Kunst, Lesungen, Performances oder Musik auf Straßen und Plätzen, in Galerien, Ateliers, Kneipen oder Privatwohnungen präsentiert.

Immerhin mehr als 500 Wilhelmsburger_innen werden ab morgen – bei ähnlich widrigen Wetterbedingungen wie letztes Jahr – an ihren Lieblingsplätzen auf der Insel um eine Spende in den Hut bitten. Dabei gibt es jede Menge Verheißungsvolles zu entdecken. Wer sich etwa mit dem Fahrrad oder zu Fuß auf den Weg macht, bekommt schon im Treppenhaus des Alten Elbtunnels einen musikalischen Willkommensgruß: Mit allerlei ungewöhnlichen Instrumenten wie Theremin und Santur, Weltempfänger, Synthezisern und Umweltgeräuschen gibt der Singer/Songwriter Cyrus Ashrafi ein Konzert mit seinem Ambient-Projekt Days of Delay. Fast schon in Moorwerder kann man am Sonntag dann eine ganz andere Seite der Insel kennenlernen: Auf dem Kinderbauernhof im Stübenhofer Weg spielt das 5 Ländereck Bläserquintett seine eigenwillige Interpretation des Wald- und Wiesen-Musik-Klassikers „Peter und der Wolf“.

Auch in diesem Jahr gibt es im Rahmen des Festivals am Samstagmittag außerdem einen Umzug der Kulturen vom Vogelhüttendeich bis zum Bürgerhaus Wilhelmsburg und den Kulturaustausch „ExTra! Exchange Traditions“, der am Samstagnachmittag zum Mitmachen und Erkunden einlädt: In Klangwerkstätten kann man Instrumente ausprobieren, in Kurzkonzerten internationale Musiktraditionen kennenlernen und auf Jam-Sessions den Grundstein für neue gemeinsame Traditionen legen.

■ Fr, 8. 6. bis So, 10. 6., Wilhelmsburg, www.48h-wilhelmsburg.de