: berliner szenen Der Spatz von Wolke 7
Andreas Dorau im Freien
Es ist zu heiß zum Weiterschlafen, die Sonne knallt unbarmherzig. Verkatert in der Küche nach etwas suchen, was Frühstück werden könnte. Wie ein hungriger Hund auf die Straße, fürs Wochenende einkaufen. Kurz vor Ladenschluss durch den Supermarkt hechten. Tüten durch den Platzregen nach Hause tragen. Schnell in den Friedrichshain zum Open-Air-Festival.
Das Gewitter und der Fußball sind Schuld daran, dass es später losgeht: Zum Glück spielen erst „Superpunk“, die röhren eh nur wie betrunkene Hirsche. Also runter zum Ententeich und Schwäne gucken. Danach kostet es nur noch zehn Euro Eintritt. Andreas Dorau trällert schon wie ein Spatz. Er und seine Band tragen Hemden in Schweinchenrosa. Andreas Dorau tanzt elegant, nur manchmal stolpert er charmant über die Kabel. Plötzlich springt einer im Wildschweinkostüm über die Bühne. Das Publikum ist nicht zahlreich erschienen, singt dafür alles mit. Tolle Smash-Hits gefolgt von virtuosen Schlagern: „Das Telefon sagt du“ oder das aktuelle „Kein Liebeslied“, all das ist viel besser als „Das Beste von heute“ im Radio. Und Andreas ist der einzige deutsche Sänger, der den Status des Superstars verdient.
Irgendwann ist er heiser. Es regnet wieder Bindfäden. Das macht aber alles nichts. Es wird wild getanzt, gejohlt und gelacht. Andreas Dorau ist nicht mehr der „Fred vom Jupiter“, er hat einen kleinen Bauch bekommen. Dennoch wurde er nie so geliebt wie heute. Kurz vor elf stellt die Polizei den Strom ab. Dorau sagt: „Wir sind Hamburger, wir können nichts dafür!“ Die Horde schimpft. Man wollte doch noch „Großer Bär – kleiner Bär“ hören! Der Kassenwart gibt drei Euro zurück. Das reicht für die Fahrt nach Hause. Morgen wird die Wohnung geputzt. GEORGE LINDT