: Hier gärtnern nur Deutsche
Weil sie schon zu viele Parzellen an Ausländer vergeben hätten, weigert sich ein Kleingartenverein in Celle, eine Spätaussiedlerin aufzunehmen. Begründung: Die halten sich nicht an die Vorschriften
von Lukas Sander
Im deutschen Kleingarten hat alles seine Ordnung. Genau wird geregelt, wie hoch ein Baum wachsen darf, wie viele Pflanzen einer bestimmten Sorte zulässig oder wann die Hecken zu schneiden sind. Eines allerdings gab es im Reich der Gartenzwerge bislang noch nicht: Ausländerquoten. Das ist nun anders. Ein Kleingartenverein im niedersächsischen Celle geht mit schlechtem Beispiel voran.
Den Sinn für Volk, Recht und Ordnung beim Vorstand der Gartenkolonie „Friedrichslust“ hat jetzt Lydia Reschetnikov zu spüren bekommen. Die 48-jährige Raumpflegerin mit ihrer Familie in einem Celler Mehrfamilienhaus lebt. Aufgewachsen auf dem Land in Kasachstan, fehlte der Spätaussiedlerin ein wenig Grün. Deshalb hoffte sie, einen Schrebergarten in „Friedrichslust“ pachten zu können. Die mündliche Anfrage beim Vereinsvorsitzenden Manfred Wolf brachte die erste große Enttäuschung: „Kein Garten frei!“. Doch beim Schlendern durch die Kolonie stach Lydia Reschetnikov das Schild mit der Aufschrift „zu verkaufen“ ins Auge, das ein Kleingärtner an seine Pforte gehängt hatte. Gartensucherin und Gartenanbieter waren sich schnell handelseinig, wie hoch die Ablöse für Laube und Werkzeug zu sein hätte. Doch erst jetzt merkte Lydia Reschetnikov, was die Aussage des Vereinsvorsitzenden, es sei kein Garten frei, eigentlich bedeutete. „Er hat uns einfach gesagt, sie nehmen keine Ausländer mehr“, sagt sie bitter.
„Sonst haben wir hier nur noch Ausländer“, begründet der Vereinsvorsitzende Wolf die Zugangsbeschränkung für Nicht-Deutsche. Die wird offenbar nicht in Prozentzahlen sondern nach einem diffusen „Überfremdungsgefühl“ des Vereinsvorstands definiert. Vor allem mit Spätaussiedlern habe man Ärger, schimpfen die Ober-Gärtner. Von 30 „Deutschrussen“, wie man Aussiedler mit deutschem Pass in „Friedrichslust“ nennt, halte sich nur einer an die Vereinssatzung. Die deutschen Kleingärtner liefen dem Verein schon weg. „Damit ist jetzt Schluss“, insistiert Wolf. Mit Ausländerfeindlichkeit habe das freilich nichts zu tun.
Lydia Reschetnikov sieht das anders. „Diese Begründung ist wie eine Ohrfeige“, sagt sie. So etwas sei ihr in den acht Jahren, die sie in Deutschland lebt und die deutsche Staatsbürgerschaft hat, noch nie passiert. Eine schriftliche Bewerbung um die Mitgliedschaft habe der Vereinsvorsitzende zunächst gar nicht annehmen wollen. Erst beim dritten Besuch in der Sprechstunde habe er ihr das Schreiben unwillig aus der Hand gerissen. Eine schriftliche Antwort gebe es bis heute nicht.
„Solche Probleme haben wir auch in anderen Bereichen“, sagt Rudolf Götz, Landesbeauftragter für Heimatvertriebene und Spätaussiedler in Niedersachsen. In einem südniedersächsischen Kleingartenverein habe er bereits erfolgreich schlichten können, so der CDU-Politiker, der sich selbst in der Funktion des „stillen Vermittlers“ sieht. „Auch Frau Reschetnikov sollte sich schnell an mich wenden“, so Götz. Denn es sei völlig klar, dass eine Ausländerquote gegen das Vereinsrecht verstoße.
Lydia Reschetnikov aber setzt nicht mehr auf eine Einigung. Sie will sich nach einem anderen Kleingartenverein ohne Ausländerquote umsehen. In „Friedrichslust“ sei die Atmosphäre nachhaltig gestört. Etwas wehmütig blickt sie nach Hannover. In der Landeshauptstadt gibt es bereits multikulturelle Kleingartenvereine die sogar die Satzungen in russischer, türkischer und deutscher Sprache aushängen.
Helmut Günther vom Landesvorstand des „Niedersächsische Gartenfreunde e.V.“ zeigt sich deshalb schockiert vom Quoten-Erlass der Celler Laubenpieper. „Wer sich so benimmt, der schadet unseren Idealen“, sagt er. Zudem müssten sich die Celler drauf gefasst machen, dass ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt werde.