Über den Bühnenrand

THEATERFESTIVAL Klassiker-Adaptionen, Familiengeschichten und Antworten auf große Fragen: Das Festival „Spielarten“ zeigt zwölf Produktionen, die in den Theatergruppen des Thalia Treffpunkt entstanden sind

„Front/eras“ setzt sich mit gemeinsamen und persönlichen Grenzen auseinander

VON ROBERT MATTHIES

Die beiden einzigen Voraussetzungen, die man hier mitbringen muss, sind gesunde Neugier und Lust auf Theater. Seit 1987 arbeiten die Theaterpädagogen vom Thalia Treffpunkt gemeinsam mit Schauspielern, Regisseuren und anderen Theaterprofis vor allem mit interessierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, erarbeiten in Theatergruppen eigene Stücke, vermitteln in Workshops die Grundlagen von Austattung und Schauspiel, besuchen gemeinsam Vorführungen und diskutieren Inszenierungen. Aber nicht nur junge Menschen bekommen hier die Chance, einmal selbst auf oder aktiv hinter der Bühne zu stehen. Anfang der 90er kamen Seniorentheatergruppen dazu, aus denen schließlich altersunabhängige Projekte geworden sind. In Zusammenarbeit mit dem Verein Leben mit Behinderungen gibt es außerdem seit 1993 das integrative Theaterprojekt Eisenhans, in dem Menschen mit und ohne Behinderungen mit gleichberechtiger Rollenvergabe Stücke auf die Bühne bringen oder in der Band Bitte lächeln! Rock- und Popsongs komponieren.

Was dabei herauskommt, kann man einmal im Jahr gebündelt beim Treffpunkt-Festival Spielarten entdecken. Am Montag geht es dieses Jahr im Thalia in der Gaußstraße los, zu sehen sind bis zum 19. Juni insgesamt 12 Produktionen, die im letzten Jahr entstanden sind. Die drei Eisenhans-Gruppen etwa haben klassische Stoffe adaptiert: zwei Aufführungen – „Im Bösen verirrt“ (17. Juni bis 19. Juni, je 18 Uhr) und „Plötzlich ist alles falsch – Ein dreckiges Drama nach Shakespeare“ (12., 13. und 16. Juni, je 20 Uhr) – beschäftigen sich mit Shakespeares „Macbeth“, in „Zwischenwelt – Von Rittern, Zauberern und der Realität“ (16. Juni, 16 Uhr, 17. Juni, 12 Uhr und 19. Juni, 11 Uhr) fragen sich Jugendliche mit Tankred Dorsts „Merlin“, was die Magie des Zauberers gegen Realitätsprobleme wie Eifersucht und Mobbing ausrichten kann. Zu hören ist auch die Eisenhans-Band, die am 15. Juni um 20.30 Uhr im Ballsaal neue Songs vom zweiten Album präsentiert.

Mit ganz unterschiedlichen Aspekten ihrer Realität oder den großen Fragen des Lebens haben sich die anderen Projekte beschäftigt. „Unterwegs“ außerhalb des Theaters war die gleichnamige Reihe, die sich auf Straßen, Plätzen und an anderen öffentlichen Orten auf die Suche nach „anderen Wirklichkeiten der Stadtlandschaft“ gemacht hat und in szenischen Situationen erprobt hat: wie geht man schnell oder langsam über einen Platz, öffnet Türen, steht allein oder in Gruppen? Zu sehen sind die Performances am Montagabend, Treffpunkt ist um 19 Uhr das Foyer des Thalia in der Gaußstraße.

Zwei multimediale Performances gibt es von der Jugendperformancegruppe „Reset“ zu sehen: Das Stück „(K)ein Ausschlachten bitte! oder Wie wir aufeinander prallen“ hinterfragt mit Tanz und Musik, Hörspielelementen und Theaterszenen die Geschichte und Gegenwart der eigenen Familien (11. Juni, 20.15 Uhr), „Front/eras – Alles über Grenzen und Grenzüberschreitungen“ setzt sich mit gemeinsamen und ganz persönlichen Grenzen auseinander und fragt nach den Möglichkeiten ihrer Überscheitung. Wie stößt man an diese Grenzen? Und welche Grenze hat die Bühne?

Multimedial sind auch die Performances, die im Rahmen des „unart“-Wettbewerbs entstanden sind, dessen Hamburger Finale am 14. Juni ab 18 Uhr zu sehen ist. Die acht je 15 Minuten langen Performances setzen dabei je zwei frei gewählte Kunstformen ein. Anschließend werden erste Sequenzen präsentiert, die seit Abschluss des „unart“-Festivals im Februar entstanden sind.

■ Mo, 11. 6. bis Di, 19. 6., Thalia in der Gaußstraße, Gaußstraße 190