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Archiv-Artikel

Berlin rockt für die gute Sache

Nach einigem absurden Gezerre um das „Live 8“-Konzert ist klar: Bap, Sasha und Co. spielen. Die Bühne steht vor der Siegessäule, die Zuschauer auf der Straße des 17. Juni

Diese Geschichte beginnt mit einer schlechten Nachricht: Die Kölschen Altbarden Bap werden lauthals singen, ach was, rocken werden sie Berlin. Und Möchtegern-Jungbarde Sasha gleich mit dazu. Ebenso werden die Söhne Mannheims nicht schweigen. Das klingt grauslich, aber – und damit kommt die gute Nachricht – das Benefiz Konzert „Live 8“ wird immerhin in Berlin starten. Und es hat einiges mehr zu bieten als die erwähnten Interpreten, nicht zuletzt die gute Sache.

Am Samstag kommt es also definitiv zur politisch korrekten Beschallung der Straße des 17. Juni, die Ideengeber Bob Geldof auch in anderen Großstädten wie Rom, Paris oder London organisiert hat. Dies ist eine nicht zu unterschätzende Leistung, gab sich doch der maßgeblich Beteiligte in den letzten Tagen große Mühe, sein Konzert sozusagen live zu diskreditieren.

Marek Lieberberg, seines Zeichens führender Konzert-Veranstalter in Deutschland und zuständig fürs hiesige Live 8-Ereignis, klagte in der Süddeutschen Zeitung über das provinzielle Gehabe der Hauptstadt-Behörden. Er zapple bei den Bemühungen um das Konzert in „einem Netz aus Geiz, Desinteresse und einer behördlichen Hin- und Herschieberei“. Am liebsten hätte Lieberberg den Rasen vor dem Reichstag für die Benefizpromis freigeräumt. Aber, empört sich Lieberberg weiter, Wowereit habe nicht reagiert, nur die Senatskanzlei, und die auch nur zögerlich. Das Büro des Bundestagspräsidenten habe die Überlassung des Reichstagsgeländes mit dem Verweis auf die Rasensprenkleranlage abgelehnt.

„Sachlich falsch und unverschämt“ nennt Senatssprecher Michael Donnermeyer die Motzerei aus Frankfurt. „Nach einer Mail von Herrn Lieberberg Ende Mai haben wir uns sofort gekümmert.“ Der Platz vor dem Reichstag sei bei der Erörtung von vornherein ausgeschieden, so Donnermeyer – wegen der „zu hohen Folgekosten.“

Folgekosten heißt: Rasensprenkleranlage. Wegen der nämlich, sagt Karin Rietz, Sprecherin vom Bezirksamt Mitte, genehmige man Veranstaltungen vor dem Reichstag tatsächlich ungerne. „Die können wir hinterher oft wegschmeißen.“

Auch der nächste Wunsch vom Main, das Maifeld, schied wegen Konzertkonkurrenz aus. So kam es zu dem Kompromiss Straße des 17. Juni, der Ort übrigens, den die Veranstalter laut Bezirksamtsfrau Rietz als allererstes beantragt hatten.

Sabine Woese von der Agentur Semmel Concerts, die das Live 8-Konzert vor Ort koordiniert, nennt ihn „suboptimal.“ „Wer hinten an der Entlastungsstraße steht, sieht natürlich nichts von der Bühne an der Siegessäule.“ Die Fans von Bap seien beruhigt: Die Soundanlage sorgt auch bis dort für guten Klang. Und der optische Verzicht ist in dem Fall gar nicht schlimm. Ganz sicher. ULRICH SCHULTE