HERMANN-JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD : Bestenfalls nett
Daniel Bahr fördert den privaten Schutz vor Pflegekosten – mit 5 Euro im Monat. So viel kostet ’ne Flasche Wein
Kennen Sie Walter Riester? Der Sozialdemokrat muss mit seinem Namen für ein Projekt der schwarz-gelben Koalition herhalten, das mit der von Riester auf den Weg gebrachten privaten Altersvorsorge nur wenig zu tun hat. Für die Jüngeren unter den Lesern: Um die Jahrtausendwende entschied die damalige rot-grüne Bundesregierung, dass die gesetzlichen Renten künftiger Generationen niedriger sein müssten, weil es 2025 oder 2030 gar nicht genug jüngere Erwerbstätige geben werde, um für die zahlreicher gewordenen Rentner eine ordentliche Altersvorsorge zu zahlen.
Walter Riester kam damals auf die naheliegende Idee, die heute Erwerbstätigen zu verpflichten, stattdessen sofort selbst für ihr Alter vorzusorgen. Nachdem aber die Bild gegen die neue Zwangsrente gewettert hatte, verzichtete Rot-Grün auf die Vorsorgepflicht und schuf die Möglichkeit zur Riester-Rente mit ordentlicher staatlicher Förderung für alle Sparwilligen. Nebenbei gab es Reformen: Die Kunden müssen die Provision für den Kauf der Versicherung nicht mehr gleich, sondern über Jahre verteilt zahlen, die Anbieter müssen ihre Kunden besser über die Produkte informieren – und die Angebote für Männer dürfen nicht mehr besser sein als die für Frauen (Unisex).
Jetzt kommt Daniel Bahr: Der Bundesgesundheitsminister (FDP) will mit 5 Euro Förderung im Monat (eine Flasche Wein) bei der privaten Pflegeversicherung einen ähnlichen Schub erreichen wie Riester bei der Altersvorsorge. 15 Millionen Riester-Verträge gibt es heute.
Das wird schwer. Einziger Anreiz für private Pflegeversicherungen, neben den 5 Euro, ist die finanzielle Lücke, wenn man im Alter länger pflegebedürftig ist. Trotz der Hilfe gesetzlicher Pflegeversicherungen kommen schnell 1.000 oder 2.000 Euro im Monat zusammen.
Private Versicherungsangebote zum Auffüllen dieser Lücke gibt es schon. Finanztest hat solche Pflegetagegeldversicherungen getestet: Gute Angebote kosten, etwa für einen 55-jährigen Mann 55 Euro, für eine gleichaltrige Frau 70 Euro im Monat.
Die 5 Euro sind also bestenfalls nett. Eigentlich hat Bahr im Fall einer Reform die Chance, die wirklichen Haken bei der privaten Pflegeversicherung zu beseitigen: Den Unterschied für Männer und Frauen müssen die Versicherer abschaffen, das verlangt ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Wichtiger noch: Die Versicherer bieten Kunden mit Vorerkrankungen heute oft gar keinen Vertrag an. Und wer die 70 Euro mal nicht zahlen kann, verliert bei manchem Versicherungsangebot jeden Schutz. Arbeit genug für den Gesundheitsminister.
■ Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest Foto: Karsten Thielker