Noch ein Tag mit X

CDU-Innenminister für Graswurzeldemokratie: Bürgerbefragung im Wendland zur Strukturreform

Kreuze sind im Wendland eigentlich dafür da, den „Tag X“ anzukündigen: Der Tag, an dem der Castor kommt. Nun können die Bewohner im Landkreis Lüchow-Dannenberg im Herbst ganz viele Kreuzchen machen: Nach der Bundestagswahl, voraussichtlich am 18. September, dürfen sie in einer Bürgerbefragung über die Auflösung ihres Landkreises und die Bildung einer „kreisfreien Samtgemeinde“ abstimmen. Laut Niedersächsischer Gemeindeordnung würde eine Anhörung genügen. Doch CDU-Innenminister Uwe Schünemann macht lieber in Graswurzeldemokratie, um die neuen Strukturen festzuklopfen. Er wolle „die Bürger auf diesem Weg mitnehmen“, sagte er gestern und würde sich sogar einer Mehrheit gegen ihn beugen: „Dann macht es keinen Sinn, das Gesetz weiter zu verfolgen.“ Er hoffe aber, dass die „kreisfreie Samtgemeinde Lüchow-Dannenberg“ bis zur Kommunalwahl im Herbst 2006 steht.

Mit der Umstrukturierung soll die Schuldenspirale im Wendland gestoppt werden. Noch ist Lüchow-Dannenberg unterteilt in einen Landkreis, fünf Samtgemeinden und 27 Kommunen. Vor allem in den Samtgemeinden Hitzacker und Dannenberg gibt es Widerstände, insgesamt 13 Kommunen sind gegen die Pläne. Danach müssten die Wendländer quasi sämtliche Amtsgänge in Lüchow erledigen.

Gegen die Beibehaltung des Alten spricht die Schuldenlast: Der Landkreis ist nicht nur wunderschön und dünn besiedelt. Seit dem Wegfall der „Gorleben-Pauschale“ Mitte der neunziger Jahre, die Nachteile wegen der Zwischenlagerung von Atommüll ausgleichen sollte, wachsen die Schulden immens an. Inzwischen sitzt der Landkreis auf einem „strukturellen Defizit“ von in diesem Jahr 27 Millionen Euro. Die neue Struktur würde den Abbau von 260 Stellen in der Verwaltung nötig machen – und 17 Millionen Euro sparen. Immerhin hält der Minister ein Zuckerchen bereit: Mit 30 Millionen Euro will er den Fusionswillen der Wendländer forcieren. Das reicht jedoch nur, um die Zinsen zu tilgen. ksc