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Archiv-Artikel

Am Ende stets die Beatles

Jetzt sollte man zuerst vielleicht doch das Neue ins Auge nehmen, wenigstens aus der Chronistenpflicht heraus, das ja immer wieder passiert. Auch in der Musik. Da hätte man zum Beispiel das Club Contemporary Classical Festival, das diese Woche im Berghain das Feld sondieren wollte, auf dem sich die Clubmusik und die zeitgenössische Klassik in den Armen liegen. Nur dass sich eben am Dienstag zum Auftakt der Debatte die versprochenen neuen Akzente samt dem Klassikanteil eher noch dezent zurückhielten. In einer Art umgestülptem Hiphop-Prinzip konfrontierte das niederländische Projekt Jacob TV zuerst rhythmisierte Sprech-Samples mit Echtmusik, die ein hübsch ausgespielter Artrock war, und anschließend kam das Trio Brandt Brauer Frick, angekündigt mit handgemachtem Techno, halt doch nur wieder mit elektronischer Musik auf die Bühne. Plus Live-Schlagzeug. Und das hat man jetzt doch längst anderswo gehört. Was eigentlich nicht groß von Bedeutung wäre. Wenn einem aber vorab so viel Neues in der Vermessung von Musik und ihren Genres versprochen wird, ist man hinterher schon ein wenig enttäuscht, wenn man das dann doch alles wieder kennt.

Für historische Recherchen, wie so eine neue zeitgenössische Schnittmengenmusik beschaffen sein könnte, würde ich einfach mal die Platten von Brian Enos Obscure-Label aus dem Endsiebzigern empfehlen. Da lässt sich einiges hören, was gerade als Weg in die musikalische Zukunft diskutiert wird. So wie man im Moment sowieso von der Vergangenheit in Beschlag genommen wird, mit dem Film „Taking Woodstock“ etwa, der eben nicht nur in einer hübschen Familiengeschichte verpackt zeigt, wie das Hippie-Festival aus dem Ruder gelaufen ist, sondern dass die Hippiemusik auch was ungemein Geschmeidiges hatte. Die Doors, Jefferson Airplane. Sogar Crosby, Stills, Nash & Young. Hatte man so gar nicht mehr in Erinnerung. Wobei im Film die Titel allerdings nur kurz angespielt werden und man seine neue Freude an der Hippiemusik nochmals im Durchhören der Originale in den jeweiligen Komplettlängen überprüfen müsste.

Und letztlich mündet alle Vergangenheit irgendwann einmal in die: Beatles. Immer wieder. Gerade eben wurden so die 13 Studioalben der Band in aufwändiger digitaler Bearbeitung als CDs neu in die Geschäfte gestellt, was nun wirklich mal ein echter Meilenstein ist, zum allgemein prognostizierten Ende des CD-Zeitalters hin.

Still aber gedenkt man heute des 11. Septembers. 1962. Als die Beatles im Studio standen und mit „Love me do“ ihre erste Single einspielten. Das war der Tag, an dem viel Neues seinen Anfang nahm. THOMAS MAUCH