: Schlicht Lieder, aus Respekt und der Erinnerung heraus: Fraucontrabass und Christophe Bourdoiseau
„It’s the singer, not the song“, behaupteten in einem ihrer Lieder mal die Rolling Stones, denen man ja nun nicht in allen Dingen recht geben muss. Weil es schon der Sänger ist und der Song. Beides. Und, entscheidender, in welchem Verhältnis der Sänger denn zum Song steht. Vor allem, wenn es sich um Coverversionen handelt. Das ist der dezidierte Arbeitsansatz von Fraucontrabass, wobei dieser doch einigermaßen gesucht klingende Name nur die Besetzung des Projekts beschreibt. Also eine Frau, die singt. Und ein Kontrabass, gespielt von einem Mann. Hanns Höhn und die Berliner Sängerin Katharina Debus. Und nichts mehr drum herum, keine weiteren Gäste und keine zusätzlich eingespielten Instrumente bei deren zweitem Album „Saal 3“. Der Titel wiederum verweist einfach auf das Aufnahmestudio im einstigen DDR-Funkhaus in der Berliner Nalepastraße, dem Produktionsort des Albums.
So eine Reduktion der Mittel führt zu einer Konzentration. Zum präziseren Hören, wenn mal der Basskorpus als Perkussionsinstrument eingesetzt wird, und wie sich Katharina Debus mit vokalen Experimentalismen und dem Scat der Möglichkeiten des Jazz bedient, so wie die Musik in ihrer Grundstimmung überhaupt vom Jazz herkommt. Nicht aber die mehr oder minder bekannten Vorlagen, die auch gar nicht fingerschnippend „verjazzt“ wurden.
Manchmal fallen die beiden dabei auf die von ihnen ausgewählten Songs herein, wenn etwa die Sängerin beim ollen Rockhit „The Joker“ von Steve Miller meint, mal so eine Art Rockröhre geben zu müssen. Je mehr aber das Duo den selbst gewählten Minimalismus ernst nimmt und auf die Verzierungen verzichtet, auf den Schmuck und das Brimborium, ist es eigentlich ganz einfach. Eine Frau singt. Ein Mann spielt den Bass. Und gerade in dieser Schlichtheit kommen sie zu einigen hübschen Ergebnissen, die Version von Tom Waits „Take me home“ etwa. Schön auch, wie „Ich lieb dich überhaupt nicht mehr“ vom Nölgesang Lindenbergs weggenommen wurde, wie man sich vom Kumpeligen dieser Musik distanziert und sich damit dem Lied wieder angenähert hat. Die Frage der Haltung: Dass man die Lieder erst mal ernst nimmt.
Für Christophe Bourdoiseau heißt das Lied Chanson, zu dem er, praktizierend, so richtig erst in Berlin gekommen ist, wohin es ihn vor 15 Jahren als Journalist verschlagen hat. „Constellation périphérique“ ist sein zweites Album, mit nicht immer nur zärtlichen Erinnerungen an Frankreich und Paris. Aber weil es doch Chansons sind, klingt stets etwas Wehmütiges mit, unterstützt von den ukrainischen Begleitmusikern vom Trio Scho, was der Musette hier noch eine kleine slawische Note mit auf dem Weg gibt, die ansonsten stur den traditionellen Vorgaben des französischen Chansons folgt, ohne sich von irgendwelchen Neuerungen wie dem Nouvelle Chanson ablenken zu lassen. Vielleicht nur, dass von Bourdoiseau die klassische große Geste des Chansons etwas ins kleinere Format zurückgenommen wurde. Für die Nichtfranzosen sind im Booklet die Texte auch ins Deutsche übersetzt. THOMAS MAUCH
■ Fraucontrabass: „Saal 3“ (Klangraum/Poolmusik) Live 17. 9. im b-flat
■ Christophe Bourdoiseau: „Constellation périphérique“ www.christophebourdoiseau.com Live 17. 9. im Admiralspalast