: Prof. Dr. h. c. FDP
WAHL 2.0 Lange Namen bei den Liberalen, kurze bei der Linken: Ein Blick auf die Parteiseiten lohnt sich
Nachdem sich der viel gepriesene Online-Wahlkampf in den letzten Wochen in den sozialen Netzwerken dahingeschleppt hat, ist das Motto des Netz-affinen Wählers nun: zurück zu den Parteiwurzeln. In der Online-Sprache: zurück auf die Parteiseiten.
Ganz vorne dabei ist die FDP, die online prominente Unterstützer präsentiert – crossmedial mit Video aufgearbeitet. Ein berühmter Unterstützer ist der ewige Traumschwiegersohn Sky du Mont, der in seinem Video gegen die Politik im Allgemeinen schießt („Sie sehen, was ich von vielen Politikern halte“) und den Gesundheitsfonds kritisiert, „weil die ganzen Ärzte dagegen sind“. Weitere Unterstützer der FDP sind die Schlagersänger Andreas Martin und Bernhard Brink sowie eine Reihe von Leuten mit sehr langen Namen wie I. H. Dr. Gabriele Inaara Begum Aga Khan oder Julius Eduard Prinz von Anhalt oder aber Prof. Dr. h. c. Ludwig Georg Braun. Merke: Mit Titel unterstützt sich’s besser, zumindest bei den Liberalen.
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums befindet sich die Linke, und das sieht man auch der Seite an: traditionelles Rot-Weiß, kurze Videorubriken wie „60+“, in der Politiker kurze thematische Statements abgeben. Auch die Namen werden bei der Linken wieder kürzer. Jan Korte zum Beispiel.
Korte ist ein Linken-Politiker, der „Freiheit und Sozialismus“ fordert und damit an den Wahlkampfslogan aus dem Jahr 1980 erinnert, als es zwischen Franz Josef Strauß und Helmut Schmidt noch richtig um etwas ging. Jetzt wettert Korte gegen Vorratsdatenspeicherung und mobilisiert für die Demonstration „Freiheit statt Angst“ am Samstag in Berlin. Dort trifft Korte vermutlich die Kollegen mit den längeren Namen von der FDP, denn die marschieren auch mit.
Die Grünen können zwar keine langen Namen bieten, aber das mit Abstand am besten präsentierte Filmangebot. Flash-animiert läuft es in der Leiste vor dem User ab. Von einem türkischen Beitrag von Cem Özdemir bis zu einem Film über Atomkraft ist alles dabei.
Das alles ist professionell aufbereitet: Im Film „Eine Million neue Jobs“ gibt es eine Mischung aus realen Sequenzen mit Spitzenkandidatin Renate Künast und animierten Teilen, in denen per Zeichnung noch einmal anschaulich die fünf Milliarden Euro aus der Abwrackprämie im Boden versenkt werden. Man möchte fragen, wie viel Geld wiederum für diese aufwendigen Spots versenkt wurden, aber die überdurchschnittlich gebildeten Grünen-Wähler erwarten offenbar auch etwas mehr für ihre Stimme.
Auch wenn der Online-Wahlkampf in diesem Jahr nicht an Barack Obama herankommt und in den sozialen Netzwerken vor sich hin plätschert – die Web-Seiten der Parteien bieten einiges. Wer sich tatsächlich zur politischen Information dorthin verirrt, kann zum Teil richtig aufwendige Namen oder zumindest Sky du Mont sehen. Die einzige Frage ist: Wer hat bei dem langweiligen Wahlkampf eigentlich noch Lust, auf eine Parteiseite zu surfen? GORDON REPINSKI